Vorbemerkung: Ich habe Tudorel in der JA Wien Josefstadt kennengelernt. Später war er jahrelang in der JA Graz Karlau, bis er mit einem Ausweisungsbescheid ins Gefängnis nach Arad gebracht wurde. Sein Vergleich der Haftbedingungen in Arad und Graz Karlau soll zeigen, dass die behauptete EU-Konformität der Zustände in rumänischen Gefängnissen, auf Grund der seine Abschiebung erfolgte, nicht zutrifft. Der in Farbe geschriebene Vergleich mit Karlau speist sich aus Erinnerungen, die nun bereits sechs Jahre zurückliegen, sagt also nichts über die aktuelle Situation dort aus. 

Beginnen wir von vorne:

Die Eingangsuntersuchung

Der Insasse muss sich auf einen Sessel stellen. Der Arzt untersucht ihn nicht, sondern füllt einen vorgedruckten Bogen aus. Ist der Insasse ein Rom (rumänisch politisch ganz korrekt țigan), wird das Ergebnis der „Untersuchung“ nicht wirklich gut aussehen. Wenn der Insasse nicht schweigend da steht, sondern Fragen hat, zu viele Fragen, dann ist das für den Bericht auch nicht gut.

Steht ein Insasse ruhig auf dem Sessel, hat keine Fragen und ist kein „țigan”, dann wird das Ergebnis der Untersuchung besser ausfallen.

Zahlen zum Belag

Nach offizieller Angabe des „Volksrechtsanwaltes“ leben derzeit etwas über 1200 Insassen im Penitenciarul Arad. Tatsächlich sind es aktuell (Stand Mai 2024) mehr als 1450 im 12-stöckigen Gebäude.

Ausstattung und AbläufeDie Hafträume

Jeder Haftraum ist mit sechs Personen belegt. In den Hafträumen gibt es kein warmes Wasser. Für Lebensmittel gibt es keinen Kühlschrank und keine Kochplatte. Einzig ein Wasserkocher steht zur Verfügung. Die Haftraumtüre ist auch tagsüber geschlossen.

Bewegung und Sport

Jeder Stock hat einen eigenen betonierten Spazierplatz in der Größe von 60 m² bis 70 m² für jeweils 100 bis 130 Insassen. In jedem 3. Stock befindet sich ein 16 m² großer Raum für Sport. Manche Insassen haben eine Stunde Spazierzeit pro Tag. Andere haben zwei Stunden.

Duschen

Die Insassen dürfen zweimal die Woche duschen.

Essen

Es gibt drei Mahlzeiten pro Tag. Die Qualität des Essens ist schlecht. Besuche dürfen Essenspakete bis zu einem Gewicht von 10 kg mitbringen. Diese Pakete können haltbare Lebensmittel, wie Dosen und Reis aber auch Obst und Gemüse enthalten. Nicht erlaubt sind unter anderem frisches Fleisch, Eier, Kartoffeln, Zitronen. Es gibt auch die Möglichkeit, Lebensmittel im Gefängnis zu kaufen. Allerdings sind die Preise drei bis zehnmal höher als draußen.

Arbeit

Im Haus gibt es ganze vier Arbeitsplätze, wo der Insasse für seine Arbeit bezahlt wird: Die Gage beträgt umgerechnet 200 Euro im Monat. Alle anderen Arbeitsplätze sind unbezahlt: wer als Hausarbeiter tätig ist, wer in der Küche, der Schlosserei, der Tischlerei, der Wäscherei arbeitet oder als Installateur im Haus Wasserhähne repariert erhält keinen Lohn. Von den mehr als 1400 Insassen haben maximal 300 einen Arbeitsplatz (bezahlt oder unbezahlt).

Bildung

Es gibt keine Bildungsangebote.

Das Bonussystem

Insassen, die arbeiten, bekommen Punkte (credits). Pro Arbeitstag gibt es einen Punkt. Mit dem Punkte Guthaben kann man um Vergünstigungen ansuchen: Ein extra Besuch = 40 Punkte; ein Langzeitbesuch = 50 Punkte; ein extra Lebensmittelpaket = 45 Punkte. Zusätzlich wird ein Insasse pro 4 Tage Arbeit um einen Tag früher entlassen. Ein Monat Arbeit bringt 5 Tage für die vorzeitige Entlassung. (Es wird von 20 Arbeitstagen pro Monat ausgegangen.)

Das Strafsystem

Wenn ein Insasse wegen eines Regelverstoßes zum Raport muss, gibt es unterschiedliche Sanktionen, je nachdem wie gravierend der Regelverstoß ist: zwei bis sechs Monate nicht einkaufen; kein Paket von draußen bekommen; kein Besuch. Auf jeden Fall verliert er seine Arbeit und wird auf eine schlechtere Abteilung versetzt. Dazu gibt es eine Verlängerung der ursprünglichen Strafe.

Medizinische Versorgung

Nur die einfachsten medizinischen Behandlungen sind gratis. Schwierigere Behandlungen, wie z.B. Operationen muss der Insasse selbst bezahlen oder sie finden nicht statt.

Religiöse Betreuung

Es gibt eine orthodoxe Kirche. Es empfiehlt sich, die Angebote anzunehmen, da es im Akt vermerkt wird, wenn jemand nicht  in die Kirche geht.

Hygiene

Der Müll wird nicht regelmäßig entsorgt, daher liegt viel Müll herum. In den Hafträumen gibt es Schimmel an den Wänden. Da es viele Insekten gibt, gibt es auch Flecken an den Wänden, wo die Insekten getötet wurden.

Wäscherei

Alle zwei Wochen können Insassen ihre Kleidung waschen. Dazwischen muss man mit kaltem Wasser im Haftraum waschen.

Besuch

Wer arbeitet, darf fünf Mal im Monat Tischbesuch bekommen. Wer nicht arbeitet, hat nur einmal im Monat Tischbesuch und dazu noch zwei Besuch mit Glasscheibe dazwischen. Die Besuchszeit dauert zwischen 30 und 60 Minuten.

Ausgang

Ausgänge werden sehr selten bewilligt und nur kurz vor der Entlassung.

Es stellt sich die Frage: Entspricht das Hochsicherheitsgefängnis in Arad (Rumänien) dem Europäischen Standard, wie es von den rumänischen Behörden behauptet wird. Die österreichischen Behörden schieben rumänische Staatsbürger in rumänische Gefängnisse ab. Die Frage ist, ob das bei diesen Verhältnissen EU-Rechts konform ist.

Bearbeitet von Christine Hubka

Schreibe einen Kommentar

Deine E-Mail-Adresse wird nicht veröffentlicht. Erforderliche Felder sind mit * markiert