RH-Präsidentin Kraker befürchtet weitere Verschärfung der Personalsituation

Die Justizanstalten bewegen sich seit Jahren an der Auslastungsgrenze und sind überbelegt, hielt Rechnungshofpräsidentin Margit Kraker zu den Prüfberichten „Steuerung und Koordinierung des Straf- und Maßnahmenvollzugs“ (Follow-up-Überprüfung) und „Resozialisierungsmaßnahmen der Justiz“ fest (III-1131 d.B. sowie III-1130 d.B.). Zudem hätten die Justizanstalten mit Personalmangel zu kämpfen, betonte Kraker im Rechnungshofausschuss. Die Rechnungshofpräsidentin befürchtet eine weitere Verschärfung der Personalsituation. Justizministerin Alma Zadić räumte ein: „Durch den steigenden Belag stoßen wir an unsere Grenzen.“

Kraker erneuert Kritik an Haftbedingungen

Bei den Justizanstalten und dem Maßnahmenvollzug erkannte Kraker weiterhin Herausforderungen. Im Vordergrund stehen dabei die Überbelegung der Justizanstalten, eine teilweise offene Reform des Maßnahmenvollzugs, die Personalsituation und das Recruiting. Zudem kritisierte sie die geringe Beschäftigung der Häftlinge. Schwierigkeiten ortete das Prüforgan bei den Qualifizierungsmaßnahmen der Häftlinge.

Die personellen Herausforderungen hätten sich unmittelbar auf die Resozialisierungsbemühungen ausgewirkt, betonte die Rechnungshofpräsidentin. Das Beschäftigungsausmaß der Häftlinge konnte daher nicht nachhaltig gesteigert werden. Der Rechnungshof berichtete über regelmäßige Schließungen der anstaltseigenen Betriebe. An Nachmittagen und an Wochenenden standen Aktivitäten für Häftlinge für eine zweckmäßige Tagesgestaltung nur begrenzt zur Verfügung. Um dem gesetzlichen Auftrag der Resozialisierung von Häftlingen gerecht zu werden, müsse bei den Justizanstalten verstärkt in die Personalentwicklung investiert werden, empfahl Kraker. Ebenso in verbesserte Betriebsstrukturen, in angepasste Beschäftigungs- und Bildungsangebote sowie in bauliche Maßnahmen. Der überprüfte Zeitraum umfasste die Jahre 2019 bis 2022 beziehungsweise 2018 bis 2022.

Ohne entlastende Maßnahmen werde das Problem der Überbelegung nur mit einem Ausbau der Haftplatzkapazitäten bewältigt werden können, betonte Kraker. Die ausreichende Beschäftigung der Häftlinge in Form von Arbeit oder Ausbildung stelle einen wesentlichen Faktor zur Strukturierung des Tages, für ein positives Anstaltsklima sowie zur Resozialisierung der Häftlinge dar, so Kraker. Die durchschnittliche Beschäftigungsdauer betrug 3,16 Stunden pro Werktag pro Häftling. Der Rechnungshof empfahl daher auf eine Steigerung der Beschäftigung von Häftlingen hinzuarbeiten.

Ein Teil der geplanten Reform des Maßnahmenvollzugs wurde mit dem Maßnahmenvollzugsanpassungsgesetz 2022 umgesetzt. Dabei blieben jedoch Punkte offen, die eine adäquate und zeitgemäße Behandlung und Betreuung der strafrechtlich untergebrachten Personen sicherstellen sollten. Positiv anerkannte Kraker, dass der elektronisch überwachte Hausarrest und die Überstellungen zum Strafvollzug im Herkunftsstaat leicht gesteigert werden konnten.

Kostensenkung, Personalrekrutierung und Suizide

Christian Lausch (FPÖ) interessierte sich für Strategien zur Kostensenkung beim Maßnahmenvollzug. Der Zubau der Justizanstalt Asten sei bereit, einige Bereiche könnten aber nicht in Betrieb genommen werden, weil das Personal fehlt, pochte Lausch auf Personalrekrutierung und Kooperationen im Sinne einer Öffnung. Das Ministerium hielt dazu fest: Zwei Abteilungen seien in Betrieb, man wolle „Richtung Sommer einen Vollbetrieb erreichen“. Anstelle von teuren Werbekampagnen sollte aktiv auf Kasernen und berufsbildende Schulen zugegangen werden, um dort Personal zu rekrutieren, warf Lausch auf.

Johannes Margreiter (NEOS) hielt den Ausbau des elektronisch überwachten Hausarrests für einen „effizienten Hebel, um die Häftlingszahlen zu senken“. Zudem machte Margreiter auf die Verdoppelung der Suizide in österreichischen Haftanstalten aufmerksam und setzte sich für Sofortmaßnahmen ein. Das Justizministerium führte dies auf „einen Ausreißer nach unten“ im Jahr 2022 zurück, wo weniger Suizide begangen wurden als in den vorangegangenen Jahren.

Der zweite Teil des Maßnahmenvollzugsgesetzes, der die Betreuung und die Behandlung im Maßnahmenvollzug gewährleisten soll, werde finalisiert, sagte Justizministerin Zadić zu Margreiter. Ob er diese Legislaturperiode noch umgesetzt werden könne, ließ Zadić offen. Jedenfalls in der nächsten Legislaturperiode sei er zur Umsetzung bereit.

Zu wenig Personal bei hoher Auslastung

Zu wenig Personal bei hoher Auslastung der Justizanstalten beschäftigten Ulrike Böker (Grüne). In diesem Sinne trat sie dafür ein, die Beschäftigungsquote zu erhöhen. Franz Hörl (ÖVP) äußerte Kritik an der Führung der Justizanstalten und verwies dabei auf Personalmangel durch Urlaube, Krankenstände und Freizeitausgleiche. Die krankheitsbedingten Abwesenheiten der Exekutivbediensteten in den Justizanstalten lagen mit durchschnittlich mehr als 28 Tagen pro Jahr und Exekutivbediensteter bzw. -bedienstetem sehr hoch, betonte Michael Seemayer (SPÖ). Er sprach sich für Maßnahmen zur Unterstützung des Personals, beispielsweise psychologische Begleitung, Supervision oder Coaching aus. Hermann Gahr (ÖVP) setzte sich für präventive Maßnahmen für die MitarbeiterInnen ein. Er interessierte sich zudem für die Haft im Ausland und den Ausbau der Haftanstalten.

Meri Disoski (Grüne) ging auf den Jugendvollzug ein. Der Justizanstalt Wien-Simmering soll die Sonderanstalt für Jugendliche Wien Münnichplatz zugeordnet werden. Die Unterbringung in Wien habe zahlreiche Vorteile aufgrund der guten Anbindung, erklärte Zadić die Entscheidung. Die Anstalt soll an Wien Simmering angebunden, aber unter eigenem Namen und mit eigenem Personal geführt werden.

Zadić: „Durch den steigenden Belag stoßen wir an unsere Grenzen“

Der Straf- und Maßnahmenvollzug sei für die MitarbeiterInnen sehr herausfordernd und durch den steigenden Belag würde man an die Grenzen stoßen, betonte die Justizministerin. Ziel sei daher die Resozialisierung der Häftlinge. Die Personalsituation sei „sehr angespannt“, so Zadić. Fachdienste wie Pflege und Medizin würden fehlen. Um weiter zu rekrutieren würden viele Maßnahmen gesetzt. Die Justiz müsse als Arbeitgeberin attraktiv werden. In diesem Sinne habe sie sich dafür eingesetzt, die Justizwache in die Schwerarbeiterregelung aufzunehmen. Zudem berichtete sie über finanzielle Verbesserungen und flexible Gestaltung der Arbeitszeiten für neue MitarbeiterInnen. Zadić war sich der Krankenstände bewusst. Zur Aufrechterhaltung der Gesundheit gebe es die Supervision, die verstärkt forciert werde.

Der „elektronisch überwachte Hausarrest“ sei ein Erfolgsprojekt, betonte Zadić und unterstrich, dass dieser auf bis zu 24 Monate ausgeweitet werden soll. Angesprochen auf die Kosten bei Maßnahmenvollzug verwies Zadić auf die „Insourcing-Strategie“, also die Personen in eigenen Einrichtungen selbst zu betreuen. Der Zubau in Asten werde zusätzliche Plätze für den Maßnahmenvollzug bringen, sagte sie zu Christian Lausch (FPÖ).

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