Sexuelle Gesundheit wird von verschiedenen internationalen Organisationen als Menschenrecht betrachtet. Sie ist ein wesentlicher Bestandteil des allgemeinen Rechts auf Gesundheit und Wohlbefinden. Dies wird durch Abkommen über die Menschenrechte und daraus abgeleiteten Instrumenten zur Umsetzung unterstützt und gilt auch für Menschen in Haft. Denn Freiheitsentzug darf nicht gleichzeitig die Wegnahme aller Menschenrechte bedeuten.

Sexuell übertragbare Infektionen (STIs) sind in Gefängnissen weltweit häufiger verbreitet als in der Allgemeinbevölkerung. Dies liegt an Faktoren wie ungeschütztem Geschlechtsverkehr, gemeinsamer Nutzung von Injektionsutensilien, unsachgemässer Gebrauch von verschmutzen, mehrfach benutzten Tätowierbestecken und begrenztem Zugang zu Präventions- und Gesundheitsdiensten. Ein hoher Prozentsatz der Gefangenen ist drogenabhängig sowie mehrfach durch ansteckende Erkrankungen belastet. Schlechte hygienische Haft Bedingungen und Gewalt, einschließlich sexueller Übergriffe, tragen zur Verbreitung von Infektionskrankheiten bei.

Der Entzug von Freiheit an sich stellt ein Gesundheitsrisiko dar!

Die Häufigkeit von Geschlechtskrankheiten in Gefängnissen unterstreicht die Notwendigkeit gezielter Vorbeugungs- und Behandlungsstrategien. Diese umfassen Aufklärung, Bereitstellung von Schutzmitteln und Zugang zu medizinischer Versorgung. Eingeschlossen zu sein fokussiert die Aufmerksamkeit auf das eigene Körpergeschehen und verstärkt Ängste wie etwa nicht angemessen behandelt zu werden oder im Notfall lange auf Hilfe warten zu müssen. Die, durch die Haftstrafe erzwungene, Inaktivität im körperlichen wie auch sozialen Bereich, lässt Spannungszustände ins Leere laufen. Der daraus entstehende Stress schwächt das Immunsystem.

Bei der 2. Europäischen Konferenz „Gesundheitsförderung in Haft“ in Wien, im Oktober 2024, wurden länderübergreifend Probleme der gesundheitlichen Versorgung in Haft diskutiert, einschließlich der sexuellen Gesundheit. Dies zeigt das Interesse und die Bemühungen Österreichs, sich mit diesem Thema auseinanderzusetzen.

Während Österreich spezifische Richtlinien zur Substitutionsbehandlung umgesetzt hat, legen die Niederlande Wert darauf, bewährte Maßnahmen aus dem allgemeinen Gesundheitswesen auf den Justizvollzug zu übertragen. Beide Ansätze zielen darauf ab, die gesundheitliche Situation von Menschen in Haft zu verbessern sowie die Ausbreitung von sexuell übertragbaren Krankheiten zu verhindern. Die Bereitstellung von Kondomen und Gleitmitteln in Gefängnissen ist eine effektive Maßnahme zur HIV-Prävention, wird aber oft durch moralische und sicherheitspolitische Argumente behindert. Während einige Länder bereits Programme eingeführt haben, bleibt der Zugang in vielen Regionen stark eingeschränkt. Selbst von Haftanstalt zu Haftanstalt variiert die Versorgung und Betreuung.

Ganzheitliche Gesundheitsförderung und HIV-Prävention in Gefängnissen ist entscheidend, um die Gesundheit der Insassen zu schützen und die Ausbreitung des Virus zu verhindern.

Doch nicht in allen Ländern sind Maßnahmen wie Kondome, Spritzentausch oder PrEP verfügbar. NGOs und Menschenrechtsorganisationen setzen sich für eine bessere Versorgung ein. Ungleichheiten beim Zugang zu Präventions- und Therapiemöglichkeiten bleiben ein großes Problem, insbesondere in Gefängnissen, wo HIV-Prävalenzen bis zu fünf Mal so hoch sein können wie in der Gesamtbevölkerung. Genaue Daten über die Infektionszahlen in Haftanstalten sind nicht frei zugänglich.

Mögliche Schutzmaßnahmen können sein:
Vertrauliche Behandlung von Diagnosen, kein Zwangstest oder Isolierung von HIV-positiven Insassen, Sensibilisierung des Gefängnispersonals, Vorbereitung auf die Entlassung, Weitervermittlung an HIV-Kliniken oder Beratungsstellen, Sicherstellung der Fortführung von Behandlung außerhalb des Gefängnisses.

Good-Practice-Beispiele in Gefängnissen

Deutschland: Einige Justizvollzugsanstalten setzen auf Gesundheitsförderung, die auch sexuelle Gesundheit umfasst. Projekte wie SPRINT wurden als Good-Practice-Beispiele ausgezeichnet und zeigen, dass eine ganzheitliche Gesundheitsförderung für Inhaftierte gelingen kann. Es werden regelmäßig Daten erhoben, um die Wirksamkeit des Programms sicherzustellen.

Kurz gesagt, geht es darum, eine dauerhafte ganzheitliche Gesundheitsförderung für Inhaftierte flächendeckend zu ermöglichen sowie laufend auszubauen.

Schweiz: In einigen Einrichtungen gibt es Familienzimmer oder Möglichkeiten für ungestörte Einzelbesuche, die es den Gefangenen ermöglichen, sexuelle Kontakte mit ihren LebenspartnerInnen zu pflegen. Diese Maßnahmen dienen dazu, das Recht auf sexuelle Gesundheit auch im Gefängnisumfeld so weit wie möglich aufrechtzuerhalten. Teilweise wird das auch in Österreichischen Haftanstalten ermöglicht. Österreich konzentriert sich jedoch vornehmlich auf Programme zur Substitution, also um Schritte im Zusammenhang mit Suchtmittelmissbrauch.

Die Implementierung präventiver Maßnahmen zur sexuellen Gesundheit in Gefängnissen hängt stark von den jeweiligen nationalen Richtlinien und der Bereitschaft der einzelnen Einrichtungen ab, solche Programme umzusetzen. Während einige Länder und Gefängnisse Fortschritte machen, besteht in vielen Teilen der Welt noch erheblicher Handlungsbedarf, um die sexuelle Gesundheit von Inhaftierten zu gewährleisten.

Bleiben Sie zuversichtlich, schützen Sie Ihre Gesundheit sowie die Ihrer Kontakte und fordern Sie Ihr Recht auf ganzheitliche Gesundheitsförderung ein.

Zum Nachschlagen:
Wichtige Menschenrechtsinstrumente zur sexuellen Gesundheit

Allgemeine Erklärung der Menschenrechte (AEMR) – Artikel 25:
Der Artikel 25 stellt fest, dass jeder Mensch das Recht auf einen Lebensstandard hat, der die eigene Gesundheit und das Wohlbefinden, einschließlich der sexuellen Gesundheit, gewährleistet.

Internationaler Pakt über wirtschaftliche, soziale und kulturelle Rechte (ICESCR) – Artikel 12:
Der Pakt erkennt das Recht aller Menschen auf den höchsten erreichbaren Standard der körperlichen und geistigen Gesundheit an, was auch die sexuelle und reproduktive Gesundheit umfasst.

WHO-Erklärung über sexuelle Rechte (1999):
Diese Erklärung wurde von der Weltgesundheitsorganisation (WHO) und anderen internationalen Organisationen verabschiedet und betont das Recht auf sexuelle Gesundheit als Teil der Menschenrechte. Sie umfasst das Recht auf Zugang zu Gesundheitsdiensten, Informationen und Bildung zur sexuellen Gesundheit und das Recht auf Selbstbestimmung bezüglich der sexuellen Orientierung. Die Beseitigung von Diskriminierung und Gewalt, die die sexuelle Gesundheit auch von Menschen in Haft, Menschen mit Beeinträchtigung und/oder Behinderung beeinträchtigen könnten.

Im speziellen sind genannt: Zugang zu Informationen und Dienstleistungen zur sexuellen Gesundheit, einschließlich Verhütungsmethoden, HIV-Prävention, sexuellem Missbrauch und Gewalt sowie reproduktiver Gesundheit.

Recht auf sexuelle Selbstbestimmung: Das Recht, die eigene Sexualität ohne Diskriminierung, Gewalt oder Zwang auszuleben, in einer Weise, die die körperliche und geistige Gesundheit schützt.

Gleichberechtigter Zugang: Der Zugang zu sexueller Gesundheitsversorgung sollte allen Menschen unabhängig von Geschlecht, Alter, sexueller Orientierung, Geschlechtsidentität oder sozialer Stellung gewährt werden.

One Reply to “Sexuelle Gesundheit: ein Recht, kein Luxus”

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