Der derzeitige US-Präsident Donald Trump dachte Anfang Mai 2025 laut darüber nach, das Gefängnis von Alcatraz wieder zu eröffnen. Dort sollen „Amerikas gefährlichste und gewalttätigste Kriminelle“ untergebracht werden. Diesen Plan gab es schon einmal. Werfen wir einen Blick zurück. 

Alcatraz, San Francisco 1953. Die Zellentür fällt lautstark hinter ihm ins Schloss. Während er noch versucht, sich in der stockfinsteren Zelle zurechtzufinden, tappt der Gefangene mit einem Fuß in ein Loch im Fußboden. Ekel steigt in ihm auf, als ihm bewusst wird, worin sein Fuß gerade steckt. Der junge Mann hatte soeben die Toilette gefunden. 
Eine fiktive Geschichte, allerdings eine, die sich genauso hätte zutragen können. Es war schon ein Albtraum, wenn ein verurteilter Strafgefangener in das Gefängnis auf Alcatraz verlegt wurde. Aber auch hier gab es durchaus noch Steigerungen, wenn man sich nicht an die Regeln hielt.

Verbrechenswelle

Zwischen 1920 und 1940 erlebten die Vereinigten Staaten von Amerika eine noch nie da gewesene Welle von Verbrechen. Die Bevölkerung litt noch unter der Prohibition, als die Wirtschaft auch noch durch die große Depression schwer in Mitleidenschaft gezogen wurde. In der Folge stieg die Verbrechensrate enorm. Gesetzesbrecher wie Al „Scarface“ Carpone und George „Machine Gun Kelly“ Barnes wurden von Teilen der Bevölkerung richtiggehend verehrt. Die Köpfe des organisierten Verbrechens mussten unverzüglich an einem sicheren Ort inhaftiert werden.

Die nur knapp zwei Kilometer von San Francisco entfernte Insel schien eine gute Lösung zu sein. Alcatraz war schon seit 1853 als Militärgefängnis genutzt worden. Im Jahr 1934 wandelte man die Anlage zu einem Hochsicherheitsgefängnis um. Laut dem Crime Magazin vom 9. Oktober 2009 kam es dabei zu umfangreichen Baumaßnahmen. So wurden unter anderem Tränengaskanister in die Decke des Essensbereiches integriert, Wachtürme an strategisch wichtigen Positionen aufgestellt und einige Metalldetektoren am Ausgang des Speisesaals installiert. Von den insgesamt 600 Zellen grenzte keine einzige an eine Außenmauer. So mussten sich Fluchtwillige nicht nur aus ihrer Zelle befreien, sondern auch noch aus dem Gefangenenhaus generell entkommen. 

Die beeindruckenden Wachtürme stehen noch immer (Foto: Ingrid Müller)

Die 8,5 Hektar große Insel hatte schnell den Ruf inne, die Strafanstalt mit der strengsten Führung und den härtesten Bestrafungen zu sein. Auch eine Flucht aus dem Gefängnis war keine Option: Für die ausschließlich männlichen Insassen war die Freiheit unerreichbar. Der Grund waren die vielen Sicherheitsmaßnahmen auf Alcatraz und die starke Meeresströmung vor San Francisco. „The Rock“, wie die Insel ebenfalls genannt wurde, war unter den Strafgefangenen gefürchtet.

Es herrschte Schweigen auf Alcatraz

James Aloysius Johnston leitete Alcatraz von August 1934 bis 1948. In San Quentin, seinem vorherigen Gefängnis, hatte er erfolgreich Weiterbildungsmaßnahmen und ein Belohnungssystem für Insassen mit guter Führung eingeführt. Laut Alcatrazhistory.com stellte er gleich einige Regeln auf als ihm die Leitung von Alcatraz anvertraut wurde. So sollte kein Strafgefangener direkt vom Gericht in seine Obhut geschickt werden können. Allerdings war es anderen Gefängnissen möglich, ihre „unbelehrbaren“ Insassen auf die Insel zu schicken. So landeten Aufwiegler und Gefangene, die einen Fluchtversuch verübt hatten, in der berüchtigten Haftanstalt. Aber auch bekannte Inhaftierte, die spezielle Privilegien aufgrund ihres Standes genossen, wurden auf „The Rock“ verlegt. 

Der Blick, den die Gefangenen bei Überstellung auf Alcatraz hatten. (Foto: Ingrid Müller)

Als die ersten 200 Gefangenen im August 1934 ankamen, merkten sie schnell, dass hier alles etwas anders ablief. Es gab keine Sonderbehandlungen. Die Insassen mussten sich sogar das Recht auf Besuch erst verdienen. In den ersten drei Monaten wurde dies generell nicht gewährt. Auch danach war maximal ein Besuch pro Monat möglich. Briefe, egal ob vom oder ins Gefängnis, wurden gelesen, zensiert und nochmals mit einer Schreibmaschine abgetippt. Arbeit war ein Privileg, das sich erst verdient werden musste. In den Zellen gab es nur die absolut überlebensnotwendige Grundausstattung. Jeglicher Kontakt nach außen wurde untersagt. Den Insassen war es verboten, sich frei zu bewegen, sie kannten nicht einmal das ganze Gefangenenhaus. Die Männer wurden überall hin von Wachen begleitet. In den meisten Haftanstalten war ein Justizbeamter für zwölf Gefangene zuständig. In Alcatraz waren es drei. Obwohl die Beamten somit ihre Insassen gut im Blick behalten konnten, wurde dennoch täglich ganze zwölf Mal durchgezählt. 

Der Tagesablauf war genau in dem Regelwerk „Rules of Alcatraz“ festgelegt. Nachdem die Insassen um halb sieben geweckt wurden, hatten sie eine knappe halbe Stunde Zeit, sich fertigzumachen, die Zellen aufzuräumen und auf die erste Zählung des Tages zu warten. Um 06:55 Uhr ging es in den Speisesaal zum Frühstück, selbstverständlich begleitet von den Gefängnisbeamten. Die Mahlzeit musste in maximal 20 Minuten beendet sein, denn dann war es an der Zeit, mit der Arbeit zu beginnen. 

Es gab verschiedene Zellenblöcke. Am unbeliebtesten war Block D da die Beamten häufig vorbei kamen. (Foto: Ingrid Müller)

Johnston war der Ansicht, absolute Stille im gesamten Zellentrakt würde die Insassen disziplinieren. Jede nicht notwendige Unterhaltung wurde mit zehn Tagen in Einzelhaft bestraft. Wie sich herausstellte, verursachten diese drastischen Maßnahmen andere Problemen. Es gab sehr viele Fälle, bei denen die immer währende Stille zu schweren psychischen Störungen führte. Dies ging bis hin zur Selbstverstümmelung. Der verurteilte Bankräuber Rufe Persful griff zu einer extremen Maßnahme. Aus dem verzweifelten Wunsch heraus, in ein anderes Gefängnis überstellt zu werden, schnitt er sich vier Finger seiner Hand ab. Kurz darauf wurde der gefürchtete „Code of Silence“ von Johnston schließlich gelockert. 

Die Inhaftierten hofften, ins „Loch“ zu kommen und nicht in die „Strip Cell“

Für Insassen, die gegen die Regeln verstießen, gab es noch weitaus schlimmere Maßnahmen als Stille. Nur wenige Häftlinge sprachen darüber. Aber die wenigen, die über die Zustände hinter den Mauern der Insel berichteten, schilderten wahre Horrorgeschichten. So erzählten sie von der sogenannten „Strip Cell“, in dem der Häftling sämtlicher peripherer Sinne beraubt wurde. Konkret hieß das, dass dem Gefangenen zuerst alle Kleidung abgenommen wurde. Vollkommen nackt wurde er dann in eine stahlummantelte Zelle gesteckt, die komplett dunkel war. Es gab weder Waschbecken noch Toilette. Dafür gab es ein kleines Loch im Boden, dessen Spülung vom Wärter bedient wurde. Der Insasse bekam nur eingeschränkt Nahrung durch ein kleines Gitter in der Zellentür. Für die Nacht erhielt der Gefangene eine Schlafmatratze, die im Morgengrauen wieder entfernt wurde. Zusätzlich führten die Beamten „disziplinarische Maßnahmen“ mit Gummischläuchen, Schlagringen oder auch Gürteln durch. Diese harte Strafe wurde für maximal für ein bis zwei Tage angewendet.

Etwas weniger drastisch war das „Loch“. Diese Zellen hatten ein Waschbecken, Toilette und eine schwache Glühbirne. Auch hier wurde den Insassen tagsüber die Matratze weggenommen. In zermürbender Langeweile und Isolation wurden die Gefangenen bis zu 19 Tage weggesperrt. Bei guter Führung öffneten die Beamten ab und zu eine kleine Abdeckung der Stahlaußentür, um ein wenig Licht in die Zelle zu lassen. 
In der normalen Einzelhaft befanden sich Insassen, die keine großen Regelverstöße begangen hatten. Sie durften nur einmal pro Woche an die frische Luft und zweimal wöchentlich duschen. Die Mahlzeiten wurden in die Zellen gebracht. Die Insassen hatten Aussicht auf das Festland, was sie als Bestrafung interpretierten. Die Freiheit lag so nah und war doch unerreichbar. 

Die Ausstattung von regulären Zellen auf Alcatraz. (Foto: Ingrid Müller)

Eben dieser Anblick sorgte bei einigen Gefangenen dafür, über eine Flucht nachzudenken. In den knapp 30 Jahren, in denen Alcatraz als Gefangenhaus diente, gab es 14 bekannte Fluchtversuche. Der erste, der das im April 1936 versuchte, war ein gewisser Joseph Bowers. Laut einer Recherche des ORF vom 12. Mai diesen Jahres handelte es sich dabei aber um einen Mann namens Josef Ebner, einen Österreicher. Der Rohrbacher hatte, genau wie die anderen insgesamt 33 Gefangenen, die einen Fluchtversuch wagten, keine Chance. Alle wurden entweder gefasst oder verloren ihr Leben in der starken Meeresströmung. Von den Behörden wurde keine einzige erfolgreiche Flucht von Alcatraz offiziell bestätigt. 

Das Ende von Alcatraz

Aufgrund der enormen Erhaltungskosten und des maroden baulichen Zustands wurde 1963 „The Rock“ schließlich von der Regierung stillgelegt. Das stetig an die Mauern der Sandsteininsel peitschende Salzwasser hatte zur Korrosion geführt. Die Sanierung hätte sich mit geschätzt fünf Millionen Dollar zu Buche geschlagen. So war es dann am 21. März 1963 so weit: Das Gefängnis Alcatraz wurde dichtgemacht. Die Insel blieb verlassen, bis sie 1969 von einigen Indigenen beansprucht wurde. Die großen Pläne der Indianer, ein Bildungs- und Kulturzentrum für ihre Landsleute zu gründen, scheiterten schließlich an dem Mangel an natürlichen Ressourcen auf Alcatraz. Alles musste per Boot herangeschafft werden, was logistisch gesehen ein teures und sehr aufwendiges Unterfangen war. Im Juni 1971 räumten Regierungsbeamte schließlich die Insel. Seit 1972 ist Alcatraz offiziell ein Teil des Nationalen Erholungsgebietes „Golden Gate“. Gut ein Jahr später wurde es der Öffentlichkeit zugänglich gemacht. Jährlich wird von Millionen von Menschen die Möglichkeit genutzt, per Fähre auf die Gefängnisinsel fahren und sich dort selbst ein Bild von dem Gefangenenhaus zu machen.

Ein gesperrter Gang in Alcatraz. Man sieht wie marode die Bausubstanz ist
Auf diesem Bild sieht man gut, dass das Gefängnis schon bessere Zeiten gesehen hat. (Foto: Ingrid Müller)

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