Ein persönlicher Einblick in das Leben im forensisch-therapeutischen Zentrum Garsten (OÖ) und die bestehenden Probleme aus Sicht eines Untergebrachten.

Wenn jemand wie ich – ein nach §21 Abs. 2 des Strafgesetzbuch (StGB) untergebrachter Straftäter – in einem forensisch-therapeutischen Zentrum (FTZ) ankommt, steht bereits ein breites Spektrum von Fachkräften bereit. Mit Rat und Tat helfen PsychologInnen und SozialarbeiterInnen, WachbeamtInnen und ErgotherapeutInnen bei Berufsausbildungen, Kursen oder therapeutischen Maßnahmen. Man muss fast froh sein, dass die Türe nach außen hin versperrt ist, da Verwechslungsgefahr mit einem Kurhotel besteht. Glaubt das wirklich jemand?

Das Gesetz kurz erklärt:

  • § 21 Abs. 2 betrifft zurechnungsfähige, aber psychisch kranke oder gestörte Straftäter.
  • Voraussetzung ist:
    • eine Verurteilung zu einer Tat mit Strafdrohung über 1 Jahr,
    • die Tat wurde in einem Zustand begangen, der unter § 11 Abs. 1 Z 1 oder 2 StGB fällt:
      • z. B. abnorme geistige Störung, Persönlichkeitsstörung, psychische Krankheit
    • und: eine hohe Rückfallwahrscheinlichkeit.

Es handelt sich also um die gesetzliche Grundlage für die Einweisung in eine forensisch-therapeutische Einrichtung (nicht ins Gefängnis), wenn Behandlungsbedarf besteht und Gefährlichkeit vorliegt.

Scheinbar schon, wenn man sich übliche Aussagen der JustizbeamtInnen zu den Haftbedingungen anschaut: „Was sudert ihr denn? Es geht euch doch gut? Ihr Insassen habt ja heute schon mehr Rechte als wir Beamten. Wenn das nicht stimmen würde, hättet ihr gar keine Zeit euch zu beschweren. Früher, in den guten alten Zeiten, hätten wir schon gewusst, was zu tun ist: Dunkelhaft und Brot!

Manche sagen es wohlwissend mit Augenzwinkern, andere meinen es bierernst. Jedenfalls kann und will ich nicht alle über den gleichen Kamm scheren oder für alle Insassen reden. Lediglich meine persönlichen Erfahrungen und Kämpfe mit der Unterbringung in einem FTZ möchte ich zusammenfassen, obwohl manches davon kleingeredet werden wird von den Verantwortlichen.

Zunächst sollten wir die rechtlichen Rahmenbedingungen abstecken, da sie von anderen Justizanstalten abweichen. Natürlich soll allen Häftlingen der Unwert ihrer Tat klar werden, doch darüber hinaus ist es in den FTZs das erklärte Ziel, ihren Zustand zu bessern. Irgendwann soll die Gefährlichkeit der Untergebrachten durch die therapeutische (oder medizinische) Behandlung ihrer Störung soweit gesunken sein, dass sie wieder aktiv an der Gesellschaft teilhaben können. Das Augenmerk sollte auf Behandlung liegen und nicht auf Bestrafung. Die Psychotherapie wird diesen Unwert der Handlungen schon herausarbeiten.

Die Strafe ist der Freiheitsentzug, die Abgrenzung aus der freien Außenwelt, nicht allgemeine Drangsalierung oder Schikanen für die Zukunft. Ganz im Gegenteil sieht das Gesetz vor es zu ermöglichen Schulabschlüsse nachzuholen oder Fort-, Weiter- und Ausbildungen zu fördern, um die Chance auf Rückfälle zu verringern.

Meiner Meinung nach gibt das StGB einen guten Rahmen vor, um Untergebrachte gut auf das weitere Fortkommen in Freiheit vorzubereiten, doch allzu oft fehlt im Alltag Empathie, Respekt und Ehrlichkeit. Dabei wäre ein humanerer Umgang – auf Augenhöhe wo möglich – notwendig, um Maßnahmen der SozialarbeiterInnen und TherapeutInnen nicht entgegenzuwirken.

Und stellen Sie sich doch die Frage: Wer ist der bessere Nachbar? Jemand, mit dem jahrelang gut und respektvoll umgegangen wurde oder ein Mensch, der im Gefängnis viel Leid, Hass und Unmenschliches erfahren musste?

Haftraum in Garsten (ca. 2010)

Menschlichkeit – nicht unbedingt mein liebster Begriff. Schließlich ist doch gerade auch Unmenschliches typisch für unsere Art. Zumindest sieht es für mich als Untergebrachter im FTZ so aus, dass es ein systemisches Problem auf Leitungsebene geben muss. Sei es, dass der Wille fehlt oder die nötigen Kontrollen. Jedenfalls erlebe ich es so, dass es bei einigen Verantwortlichen eine unselige Verbindung von zwei Überzeugungen gibt. Nämlich: Das Gesetz regiert und mein Wort ist Gesetz. Das mag unfair klingen, aber fragen Sie mich mal, wie ich die Behandlung durch die Justiz von – meines Erachtens – wehrlosen psychisch kranken Menschen finde.

Aber über meine persönliche Einschätzung hinaus, wurden Rechtsverletzungen bei Haftbedingungen in Österreich zur Genüge festgehalten. Wo sind die Konsequenzen, wo die Sanktionen, wo das Rückgrat? Wenn was passiert, dann meistens nur Druck von oben für die Wachbeamten, dass nichts nach außen durchkommt. Am Alltag und am Umgang ändert sich wenig. Fehlt den Wachbeamten am Ende jene Stärke und jener Mut das Richtige zu tun, die man uns geistig abnormen Patienten diagnostiziert?

Ich will hier konkret sein. Meines Wissens nach kostet die Unterbringung in einem FTZ die Steuerzahler fünf- bis sechsmal so viel wie ein Platz in einer anderen Anstalt. Wie kann es dann Monate oder Jahre dauern, bis eine geeignete Einzeltherapie umgesetzt wird?

Sicherheitsverwahrung kurz erklärt:

Österreich kennt nur freiheitsentziehende Maßnahmen im Rahmen des Maßnahmensystems (§§ 21–23 StGB), also:

  • Forensisch-therapeutische Unterbringung (§ 21)
  • Unterbringung gefährlicher Rückfallstäter (§ 23)

Diese Maßnahmen sind an klare medizinische oder kriminalprognostische Voraussetzungen gebunden, aber keine bloße präventive Verwahrung ohne laufende therapeutische oder betreuerische Perspektive. Eine rein sicherheitsbasierte Verwahrung ohne Behandlungsauftrag (wie in DE der Fall) würde in Österreich gegen Art. 5 EMRK (Recht auf Freiheit und Sicherheit) verstoßen.

Und über diesen zentralen und schwerwiegenden Machtmissbrauch hinaus, sind es alltägliche Schikanen, die mich den Glauben daran verlieren lassen, dass man es gut mit uns meint. So erlaubt §24 Strafvollzugsgesetz (StVG) einige Vergünstigungen für StraftäterInnen, die helfen können, die schwere Last des Freiheitsentzugs zu verkraften. Das könnten Spielekonsolen, technische Geräte oder Zeichenutensilien sein, bis hin zu Hilfsmitteln wie Laptops, um einer Arbeit (!) nachzugehen. Raten Sie mal, was mir davon zugesprochen wurde!

Auf meine Frage um Leinwand und Acrylfarben bekam ich als Antwort, dass mit Farbstiften gemalt wird. Material für Freundschaftsbänder wurde abgelehnt, wegen Erhängungsgefahr – als ob wir keine Schuhbänder hätten. Stricknadeln könnten als Waffe verwendet werden. Gut. Aber selbst Häkelnadeln wurde mit demselben Hinweis abgelehnt. Also stellte ich einen Antrag auf eine Spielekonsole, woraufhin ein Justizbeamter sich so sehr darüber erboste, dass er meinem Betriebschef für meinen Arbeitsbereich im FTZ dazu nötigte, mich zu erpressen. Entweder würde ich meine Beschwerde zurückziehen oder diese Arbeit verlieren.

Mir ist – sogar als Straftäter und damit Mensch zweiter Klasse in den Augen der Gesellschaft – mittlerweile bewusst, was ich falsch gemacht habe. Ein Einsehen, dass in den forensisch-therapeutischen Zentren fehlt. Gerade deshalb erwarte ich ehrlich gesagt keinen konstruktiven Austausch als Reaktion auf meinen Beitrag, sondern – das unterstelle ich –, dass Einschränkungen auf mich warten. Aber ohne Schmerz keine Heilung und da möchte ich mit gutem Beispiel vorangehen und Rückgrat beweisen. Vielleicht ändert sich doch noch etwas und eines Tages habe ich die nötigen Lektionen gelernt, um ein straffreies Leben in Freiheit führen zu können.

Der Name des Autors ist der Redaktion bekannt.

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