„Der Engel der Medizin vergisst sehr oft die eigene Sendung, wenn er längere Zeit den Ausführungen der Juristen zugehört hat.“ Mit diesem Zitat des Schriftstellers Robert Musil aus „Der Mann ohne Eigenschaften“ wird treffend die Gratwanderung beschrieben, auf der forensisch-psychiatrische Gutachter im Gerichtssaal wandeln. Sie bewegen sich im Spannungsfeld zwischen ihrem medizinisch-therapeutischen Auftrag und den Anforderungen des Strafrechts. Dieser Artikel beleuchtet verständlich, welche Rolle forensische Psychiater im Strafrecht spielen, vor welchen ethischen Dilemmata sie stehen und wie ihre Haltung sowohl die spätere Therapiebereitschaft der Begutachteten als auch die Resozialisierung beeinflussen kann. Zudem werden die Besonderheiten in Österreich sowie Unterschiede zu Deutschland und der Schweiz dargestellt, einschließlich Ausbildung, Standards und der Praxis der Rollentrennung. Dabei kommen aktuelle Studienergebnisse und Stimmen von ExpertInnen zu Wort, um positive wie kritische Aspekte ausgewogen darzustellen.
Aufgabe und Zielsetzung forensischer Gutachten
Forensisch-psychiatrische Gutachten werden von Gerichten in Auftrag gegeben, um fundierte Entscheidungsgrundlagen in Strafverfahren zu erhalten. Im Kern geht es darum festzustellen, ob und wie eine psychische Störung mit einer Straftat zusammenhängt, welche Risiken für die Zukunft bestehen und wie man diesen begegnen kann. Der Gutachter, zumeist ein spezialisierter Psychiater, liefert den RichterInnen diagnostische Einschätzungen, Prognosen zur Rückfallgefahr und gegebenenfalls therapeutische Empfehlungen. Diese Informationen sind oft entscheidend, etwa wenn es darum geht, ob ein Täter wegen einer schweren psychischen Erkrankung in eine therapeutische Maßnahme eingewiesen wird statt ins Gefängnis.
Die Gutachten haben also im zweispurigen System aus Strafe und Maßnahme eine zentrale Funktion: Schwer psychisch kranke Straftäter benötigen meist Behandlung, da reine Strafe allein bei ihnen nicht genügt, um weitere Taten zu verhindern. Genau deshalb existiert das Maßnahmen-System (in Deutschland und Österreich seit dem 19. Jahrhundert etabliert). Es erlaubt Gerichten neben der Strafe auch Sicherungs- oder Therapiemaßnahmen anzuordnen. Das forensisch-psychiatrische Gutachten soll helfen zu entscheiden, wer diese Maßnahmen braucht und wie sie gestaltet sein sollten. Dabei besteht der Auftrag an den Gutachter immer in einer unparteiischen und fachlich fundierten Begutachtung – er ist der Neutralität und Objektivität verpflichtet, um dem Gericht eine bestmögliche Grundlage für sein Urteil zu bieten.
Doch worin genau liegt die Herausforderung? Ein wesentliches Merkmal forensischer Gutachten ist ihre Individualität. Jeder Fall ist anders und lässt sich nicht einfach mit Checklisten standardisieren. Zwar gibt es strukturierte Risikoskalen und Leitlinien, doch die komplexen Überlegungen im Einzelfall erfordern immer eine maßgeschneiderte Betrachtung. Der renommierte forensische Psychiater Hans-Ludwig Kröber betont, dass nur dieses individuell ausgerichtete Vorgehen ermöglicht zu beurteilen, „wie es künftig mit dem konkreten Individuum weitergehen kann“. Mit anderen Worten: Forensische Psychiatrie ist zwar wissenschaftlich fundiert, kann aber im Einzelfall keine 100%ige Exaktheit beanspruchen. „Die zu begutachtende Person ist keine Bremsspur, die sich vermessen lässt“, warnte bereits der Psychiater Erwin Schorsch plastisch. Es geht nicht um millimetergenaue Messungen, sondern um das Verstehen einer individuellen Lebensgeschichte, die Entwicklung von Tathypothesen und Fallkonzepten, und all das muss transparent gemacht werden, sodass Gericht und Begutachteter nachvollziehen können, wie der Gutachter zu seinen Schlussfolgerungen gelangt ist.
Zusammengefasst: Forensische Gutachten dienen als Schnittstelle zwischen Psychiatrie und Justiz. Sie sollen einerseits der Gesellschaft Sicherheit geben – indem sie gefährliche Personen identifizieren und passende Maßnahmen vorschlagen – und andererseits dem einzelnen Beschuldigten gerecht werden, indem dessen psychische Verfassung und Behandlungsbedürfnisse fair berücksichtigt werden. Dieses Ziel auszubalancieren ist komplex und führt direkt in ein Spannungsfeld ethischer Fragen.
Ethik zwischen Neutralität und Empathie
Forensische Gutachter stehen in einem besonderen ethischen Spannungsfeld. Einerseits verlangt ihre Rolle strikte Neutralität: Sie sind weder Ankläger noch Verteidiger, sondern unparteiische Sachverständige. Andererseits bleiben sie Ärzte, gebunden an medizinethische Prinzipien wie das Gebot „nihil nocere“: Du sollst nicht schaden. Wie lässt sich das vereinen?
Zunächst zur Neutralität: Im Gegensatz zur klassischen Therapie, in der Therapeut und Patient eine Dyade bilden, ist die Konstellation bei der Begutachtung triadisch. Neben Gutachter und Proband (Begutachtetem) steht immer der Auftraggeber (also Gericht oder Staatsanwaltschaft) als dritter Pol im Raum. Diese „triadische Beziehung“ (Urwyler et al. 2022) macht die Rolle komplexer als in einer rein therapeutischen Zweierbeziehung. Der Gutachter muss seiner medizinischen Fachlichkeit treu bleiben, während er zugleich dem juristischen Auftrag gerecht wird. Absolute Neutralität ist dabei keine statische Eigenschaft, sondern ein Ideal, dem man sich nur annähern kann. Wie Psychiater Habermeyer (2024) erläutert, muss der Sachverständige ständig um Objektivität ringen und seine eigene Rolle reflektieren. Dazu gehört etwa, sich der möglichen unbewussten Einflussfaktoren bewusst zu sein – z.B. ob Sympathie oder Antipathie für den Begutachteten die Einschätzung färben könnten – und aktiv gegenzusteuern.
Dennoch darf Neutralität nicht mit Kälte verwechselt werden. Empathie ist kein Widerspruch zur Gutachterrolle, solange sie kontrolliert bleibt. Ein guter Gutachter wird dem Probanden mit menschlichem Respekt und Einfühlungsvermögen begegnen, ohne die kritische Distanz zu verlieren. Warum ist Empathie wichtig? Zum einen erleichtert sie die Exploration: Ein vertrauensvolles Gesprächsklima fördert die Offenheit des Begutachteten und damit die Qualität der Informationen. Zum anderen gebietet es die ärztliche Ethik: Auch eine Begutachtung sollte den Menschen achten und möglichst keinen unnötigen seelischen Schaden anrichten. Das hippokratische Paradigma „nicht schaden“ gilt auch für Gutachter. Konkret bedeutet das, der Sachverständige soll z.B. die Untersuchung nicht invasiver oder länger machen als nötig, Demütigungen vermeiden und insgesamt fair vorgehen. Prozessfairness ist oberstes Gebot. Das schließt auch ein, die Grenzen der eigenen Erkenntnismöglichkeiten ehrlich aufzuzeigen – statt dem Gericht vorzugaukeln, man könne den Menschen „vermessen“ wie ein Objekt.

Den Balanceakt zwischen Neutralität und Empathie erleben viele forensische Psychiater als Dual Loyalty Conflict, also Dilemma der doppelten Loyalität: die Loyalität gegenüber dem Patientenwohl vs. die Loyalität gegenüber der öffentlichen Sicherheit und dem Rechtsauftrag. Eine Schweizer Studie von 2021 (Merkt, Wangmo et al.) hat dieses Dilemma qualitativ untersucht. TherapeutInnen in gerichtlich angeordneten Behandlungen berichteten, dass situative Faktoren sie mal näher an die „Fürsorge“-Rolle, mal näher an die „Kontroll“-Rolle rücken lassen. Interessanterweise zeigte die Studie auch Wege auf, wie die Profis mit dem Konflikt umgehen: Sie bemühen sich, den Patienten die Behandlung als zu ihrem Besten zu vermitteln und transparent mit beiden Seiten zu kommunizieren. Transparenz erweist sich als Schüssel für Vertrauen – sowohl gegenüber den Patienten als auch gegenüber den Justizbehörden. Offene Kommunikation, klare Information über die Grenzen der Vertraulichkeit und Motivation der Betroffenen fördern eine vertrauensvolle Beziehung, selbst in einem Zwangskontext. So lassen sich ethische Spannungen etwas entschärfen.
Zusammengefasst verlangt das ethische Feld vom Gutachter eine hohe professionelle Integrität. Er muss unvoreingenommen und sachlich bleiben, darf aber den Menschen hinter dem Straftäter nicht aus den Augen verlieren. Neutralität bedeutet nicht emotionale Kälte: Ein gewisses Maß an Mitgefühl und eine faire, respektvolle Grundhaltung sind durchaus vereinbar mit der Rolle – ja, sie können sogar helfen, bessere Gutachten zu erstellen, ohne die Objektivität zu gefährden.
Therapeutische Haltung trotz Gutachterrolle
Ein zentraler Punkt in der aktuellen Fachdiskussion ist, ob und inwiefern eine „therapeutische Haltung“ in der Begutachtung hilfreich oder notwendig ist. Klassisch wird strikt getrennt: Der Gutachter diagnostiziert und prognostiziert, der Therapeut behandelt. Tatsächlich darf der Gutachter nicht als Therapeut agieren – sein Ziel ist weder, dem Probanden akut zu helfen, ihn zu therapieren, noch ihn zu erziehen oder zu bessern. Genauso wenig ist er ein kriminalistischer Ermittler; es geht nicht darum, den Tathergang aufzuklären, sondern die psychische Verfassung des Betroffenen und deren Bedeutung für die Tat zu beurteilen. Diese Rollenklarheit muss zu Beginn jeder Begutachtung dem Probanden auch deutlich kommuniziert werden (Rechtsbelehrung).
Dennoch: Begutachtung und Therapie sind unterschiedliche Rollen, aber keine völligen Gegensätze. Mehr noch, sie können einander ergänzen. Habermeyer betont, dass medizinethische Grundsätze im Gutachten genauso gültig sind wie in der Therapie, schließlich ist das Erstellen eines Gutachtens Teil des ärztlichen Auftrags und kann nicht außerhalb der ärztlichen Ethik stehen. Konkret heißt das: Psychiatrisch-psychotherapeutisches Fachwissen und eine gewisse therapeutische Grundhaltung sind auch in der Begutachtung von hoher Bedeutung. Dies steht nicht im Widerspruch zur gebotenen Objektivität, sondern bereitet im Gegenteil den Boden für erfolgreiche spätere Therapie und kann Therapiehindernisse abbauen.
Was ist mit „therapeutischer Haltung“ gemeint? Sicher nicht, dass der Gutachter eine laufende Therapie durchführt. Aber er kann Techniken und Prinzipien aus der Therapie nutzen, um die Begutachtung zu verbessern. Ein Beispiel ist die Psychoedukation: Also dem Begutachteten Rückmeldung und Erklärung zu geben, welche Probleme aus psychiatrischer Sicht vorliegen und welche Behandlungsmöglichkeiten es gibt. Ein transparenter, psychoedukativer Ansatz in der Begutachtung wird ausdrücklich empfohlen, weil er dem Probanden zeigt, dass das Gutachten nicht gegen ihn gerichtet ist, sondern dazu dienen kann, einen Weg zur Besserung zu finden. Ebenso kann der Gutachter durch eine wertschätzende, nicht verurteilende Gesprächsführung eine Atmosphäre schaffen, in der der Proband eher bereit ist, sich zu öffnen – analog zur motivierenden Gesprächsführung in der Therapie.
Ein weiterer Aspekt: Therapieerfahrung des Gutachters. Nur wer selbst therapeutisch gearbeitet hat, weiß um die Dynamik von Veränderungsprozessen, Widerständen und Beziehungsaspekten. Dieses Wissen kann ein Gutachter nutzen, um z.B. Behandlungsbedürfnisse („needs“) und Ansprechbarkeit auf Maßnahmen („responsivity“) besser einzuschätzen. Gerade wenn das Gutachten Fragen tangiert wie „Welche Behandlungschancen hat diese Person?“ oder „Was müsste geschehen, damit sie nicht rückfällig wird?“, sind psychotherapeutische Kompetenzen Gold wert. In solchen Fällen sollten idealerweise nur Sachverständige eingesetzt werden, die forensisch-psychiatrische und psychotherapeutische Expertise besitzen. In der Praxis steigt jedoch die Zahl jener Gutachter, die fast ausschließlich gutachterlich tätig sind und keine regelmäßige therapeutische Tätigkeit mehr ausüben. Hier besteht die Gefahr, dass der „therapeutische Blick“ verlorengeht. Eine kontinuierliche Verbindung zur Praxis – etwa durch parallele therapeutische Arbeit oder Supervision – kann helfen, die Gutachtertätigkeit menschlich fundiert zu halten.
Natürlich bleibt eine Grenze: Während der Begutachtung darf keine „heimliche Therapie“ stattfinden, denn das würde den Auftrag verzerren und Erwartungen wecken, die der Gutachter nicht erfüllen kann. Aber eine grundsätzlich therapeutische Haltung – geprägt von Empathie, Aufrichtigkeit und dem Wunsch, keinen Schaden zuzufügen – schadet nicht, sondern nutzt der Begutachtung. Sie schützt im Übrigen auch den Gutachter selbst davor, „die eigene Sendung zu vergessen und sich im Gerichtssaal wie ein Reserveengel der Jurisprudenz zu benehmen“ – um erneut Musil zu bemühen. Will heißen: Wer seine Wurzeln als Arzt behält, läuft weniger Gefahr, sich unreflektiert in den Dienst der Strafverfolgung zu stellen und dabei die Person aus den Augen zu verlieren.
Gutachten als Chance und Risiko für Therapie und Resozialisierung
Ein forensisches Gutachten ist nicht nur eine Momentaufnahme für das Gericht. Es kann auch die Zukunft des Begutachteten beeinflussen, insbesondere dessen Einstellung zu Therapie und Resozialisierung. Hier liegen Chancen und Risiken dicht beieinander.
Beginnen wir mit den Chancen: Eine Begutachtung kann für den Betroffenen der erste Schritt zu Einsicht und Veränderung sein. Manche Täter haben ihre Tat und zugrunde liegenden Probleme bis dahin verdrängt oder verleugnet. Im Gutachtergespräch werden sie oft erstmals ausführlich mit ihrer Biografie, ihrer Tat und möglichen psychischen Ursachen konfrontiert. Ein einfühlsamer Gutachter kann dem Beschuldigten dabei helfen, die eigene Krankheit oder Problematik zu erkennen und die Notwendigkeit einer Behandlung einzusehen. Durch offene Erklärungen (Psychoedukation) über z.B. eine diagnostizierte Störung kann der Gutachter dem Betroffenen vermitteln, dass eine Therapie nicht Strafe ist, sondern Chance, und warum sie angeraten wird. Empirisch zeigt sich, dass die Art und Weise, wie die Begutachtung wahrgenommen wird, die Therapieeinstellung der Person beeinflusst. Fühlt sich der Proband fair behandelt und versteht den Sinn der Maßnahmen, steigt die Bereitschaft, an sich zu arbeiten. Zudem kann ein gutes Gutachten dem Behandlungsteam später wertvolle Hinweise liefern – etwa welche Faktoren zur Tat beitrugen, welche Auslöser es gab, wo Stärken und Ressourcen liegen. Damit liefert es eine Art Fahrplan für die Therapie in der forensischen Einrichtung.
Jetzt zu den Risiken: Läuft die Begutachtung schlecht, kann sie das Gegenteil bewirken. Wenn sich der Begutachtete vom Gutachter missverstanden, abgestempelt oder respektlos behandelt fühlt, kann dies erhebliches Misstrauen säen. Die Person könnte dann jede folgende therapeutische Intervention als bloße Verlängerung der „Gerichtsinszenierung“ sehen und innerlich blockieren. Ein willkürlich wirkendes oder intransparentes Gutachten – etwa wenn der Proband das Gefühl hat, die Schlussfolgerungen seien ihm nicht nachvollziehbar oder unfair – kann Widerstand gegen Therapie und Autoritäten im Allgemeinen verstärken. Beispielsweise berichten forensische Patienten, dass sie es demotiviert, wenn ihr Fortschritt ignoriert wird und Gutachter immer dieselben Phrasen aus alten Berichten übernehmen. Leider zeigt eine aktuelle Analyse in Österreich genau dieses Problem: In vielen Fällen werden Veränderungen im Verhalten oder Zustand der Probanden schlichtweg ignoriert, was zu Frustration bei den Betroffenen führt. Wer das Gefühl hat „Egal was ich tue, es steht doch schon fest, dass ich nicht entlassen werde“, verliert verständlicherweise den Glauben an den Sinn von Therapie.
Auch fehlende Neutralität des Gutachters kann schaden. Wenn der Proband den Eindruck bekommt, der Sachverständige sei voreingenommen – sei es zu seinen Gunsten oder Ungunsten – untergräbt das die Autorität des Gutachtens. Zu große Distanz (Kälte) kann genauso schädlich sein wie zu große Nähe (Kumpanei), die später enttäuscht wird. Stellt der Gutachter z.B. im Gespräch Verständnis und Mitgefühl zur Schau, schreibt dann aber ein sehr negatives Gutachten, fühlt sich der Betroffene betrogen. Umgekehrt: Agiert der Gutachter betont kühl und distanziert, entsteht leicht eine Abwehrhaltung. Transparenz und Ehrlichkeit in der Kommunikation sind daher auch hier wichtig – der Begutachtete sollte wissen, woran er ist.
Schließlich hat das Gutachten auch direkte Auswirkungen auf die Resozialisierungschancen, weil es oft die Weichen für oder gegen eine Entlassung stellt. Ein wissenschaftlich fundiertes, differenziertes Gutachten kann dafür sorgen, dass jemand nicht länger als nötig in einer forensischen Einrichtung verbleibt und rechtzeitig mit geeigneten Auflagen in die Freiheit entlassen wird. Ein schlechtes Gutachten dagegen – lückenhaft, übervorsichtig oder einseitig – kann entweder eine gefährliche Person unterschätzen oder einen therapiefähigen Menschen unnötig lange wegsperren. In Österreich hat eine Untersuchung von 201 Gutachten (2013–2023) gravierende Mängel aufgezeigt: In rund 80% der Gutachten fehlten nachvollziehbare Begründungen für entscheidende Bewertungen. Viele Einschätzungen waren apodiktisch und kaum prüfbar begründet. Zudem war die wissenschaftliche Fundierung oft schwach – kaum Verweise auf aktuelle Forschung, selten systematische Risikotools wie PCL-R oder VRAG, oder wenn, dann wurden deren Ergebnisse nicht wirklich berücksichtigt. Solche Defizite können zu Fehleinschätzungen mit gravierenden Konsequenzen führen: falsche Einweisungen, unnötige Verlängerungen der Unterbringung oder unbegründete Entlassungsverweigerungen. Die Studie fand auch eine ausgeprägte Tendenz zur Sicherung: 87% der Einweisungs-Gutachten empfahlen Unterbringung in einer Anstalt, und über 79% der Entlassungsgutachten rieten von einer bedingten Entlassung ab, selbst nach Jahren der Behandlung. Dieses „auf Nummer sicher gehen“ mag dem Gutachter Angst vor Verantwortung nehmen, verbaut aber den Betroffenen oft die echte Chance auf Resozialisierung. Hier zeigt sich ein Systemrisiko: Gutachter fürchten, bei Fehlprognosen (Rückfall nach Entlassung) zur Rechenschaft gezogen zu werden, und tendieren daher zu übervorsichtigen, harten Einschätzungen. Die Leidtragenden sind die Patienten, die unter Umständen unnötig lange weggesperrt bleiben.
Ein forensisches Gutachten kann wie ein zweischneidiges Schwert wirken. Richtig eingesetzt, fair, transparent und fundiert ebnet es den Weg zu erfolgreicher Therapie und letztlich gesellschaftlicher Reintegration. Falsch eingesetzt oder von geringer Qualität, kann es Vertrauen zerstören, Therapie verhindern und dazu beitragen, dass Menschen länger isoliert bleiben als notwendig, was weder dem Individuum noch der Gesellschaft dient.
Forensische Psychiatrie in Österreich: Strukturen, Ausbildung und Rahmenbedingungen
In Österreich steht die forensische Psychiatrie seit einigen Jahren vermehrt im Blickpunkt. Das liegt zum Teil an einzelnen aufsehenerregenden Fällen und zum Teil an strukturellen Problemen im Maßnahmenvollzug (so nennt man in Österreich die Unterbringung und Behandlung von psychisch gestörten Rechtsbrechern). Das System wurde wiederholt als intransparent und teilweise inhuman kritisiert. Eine Reform trat 2022 mit dem Maßnahmenvollzugsanpassungsgesetz in Kraft, um die gesetzlichen Grundlagen zu modernisieren. Doch Experten sind sich einig, dass auch die Qualität der Gutachten selbst verbessert werden muss, damit diese Entscheidungen gerechter und fundierter werden.
Wer erstellt in Österreich solche Gutachten? Meist sind es Fachärzte für Psychiatrie oder Neurologie, die zusätzlich Erfahrung oder Fortbildung in forensischer Psychiatrie haben. Es gibt kein eigenständiges Facharztdiplom „Forensische Psychiatrie“ wie in manch anderen Ländern, aber die Österreichische Ärztekammer bietet einen speziellen Diplomlehrgang für forensisch-psychiatrische Gutachten an. Voraussetzung dafür ist die abgeschlossene Facharztausbildung in Psychiatrie (bzw. Psychiatrie und Neurologie nach altem Recht). In diesem Lehrgang erwerben die Teilnehmer vertiefte Kenntnisse des Straf- und Maßnahmenrechts, der Gutachtentechnik, der Risikoabschätzung und Ethik. Zusätzlich beinhaltet die reguläre Facharztausbildung für Psychiatrie in Österreich Module zur Forensik – etwa Wissen über den Maßnahmenvollzug, Strafrecht und forensische Gutachten. Klinische PsychologInnen können ebenfalls als Sachverständige tätig werden, vor allem für Prognosegutachten oder in familienrechtlichen Fragen. Für sie gibt es eigene Fortbildungen (z.B. Lehrgänge der Psychologie-Akademie für Gerichtssachverständige). Wichtig ist, dass Sachverständige in Österreich in eine Liste gerichtlich zertifizierter Sachverständiger eingetragen sein sollten, was bestimmte Qualifikationen und eine Prüfung voraussetzt. Diese Formalisierung soll sicherstellen, dass nur kompetente Experten Gutachten vor Gericht erstatten.
Zudem gibt es bislang keine universitäre Lehrkanzel für Forensische Psychiatrie – ein Defizit, das von Experten bemängelt wird. Studienautor und Psychiater Pius Prosenz etwa fordert die Einrichtung eines eigenen Lehrstuhls, um Forschung und Lehre in diesem Fach voranzubringen und junge Fachkräfte mit humanistischen Werten und wissenschaftlich fundierter Arbeitsweise auszubilden.
Die angesprochene Analyse von Prosenz (2024) machte auch in Österreich erheblichen Reformbedarf deutlich. Neben den inhaltlichen Qualitätsmängeln (fehlende Begründungen, wenig Wissenschaftlichkeit) kritisiert er die strafrechtslastige Perspektive vieler Gutachten. Anstatt psychiatrische Konzepte zu verwenden, würden oft juristische Kategorien und Denkweisen übernommen, was zulasten einer individuellen, klinisch fundierten Betrachtung gehe. Diagnosen würden teils unvollständig oder falsch gestellt, risikoträchtige Erkrankungen übersehen oder umgekehrt Gefährlichkeit pauschal überhöht. Kurzum: Manche Gutachten in Österreich sind immer noch eher juristische Werturteile als medizinische Fachgutachten. Das unterminiert ihre Glaubwürdigkeit.
Positiv hervorzuheben ist, dass diese Missstände inzwischen offen benannt werden und Gegenmaßnahmen in Diskussion sind. Verbindliche Mindeststandards für Gutachten werden gefordert, etwa klare Vorgaben zur Nachvollziehbarkeit, Dokumentation, Verwendung aktueller Diagnose- und Prognoseinstrumente. Die Einführung solcher Standards – analog zu Checklisten, wie sie z.B. in der Klinikqualitätssicherung üblich sind – könnte auch in Österreich helfen, die Transparenz und wissenschaftliche Basis von Gutachten zu verbessern. Ebenso wird vorgeschlagen, regelmäßige Weiterbildungen und Peer-Reviews für Gutachter einzuführen, damit ein steter Qualitätszirkel entsteht.
Ein weiteres Thema ist die Trennung der Rollen in der Praxis: In Österreich kommt es vor, dass behandelnde Anstaltspsychiater zugleich Gutachten über ihre Patienten verfassen, z.B. im Rahmen von jährlichen Überprüfungen. Das kann heikel sein, weil die therapeutische Beziehung dadurch belastet wird (der Patient weiß, sein Arzt schreibt gleichzeitig ans Gericht über ihn). Hier wird inzwischen versucht, externe Gutachter für Entlassungsentscheidungen heranzuziehen, um die Rollen zu entflechten und Neutralität zu stärken. Die Reformkommission empfahl etwa, verstärkt unabhängige Sachverständige einzusetzen und Gutachten regelmäßig extern begutachten zu lassen, um Bias und „Betriebsblindheit“ zu vermeiden. All diese Bestrebungen zeigen: In Österreich bewegt sich etwas in der forensischen Psychiatrie, auch wenn noch viel zu tun bleibt. Ein System am Scheideweg, wie Prosenz schreibt – entweder gelingt der Wandel zu mehr Professionalität und Menschlichkeit, oder das Vertrauen in die Gutachten erodiert weiter.
Deutschland und Schweiz: Ein Vergleich von Ausbildung und Standards
Wie sieht es nun im Vergleich in den Nachbarländern Deutschland und Schweiz aus? Beide Länder haben in der forensischen Psychiatrie teils andere historische Entwicklungen und Strukturen, doch stehen sie vor ähnlichen Herausforderungen.
Deutschland
In Deutschland hat die forensische Psychiatrie eine lange Tradition, auch wissenschaftlich. Namen wie Hans-Ludwig Kröber, Norbert Nedopil oder Henning Saß stehen für eine starke forensische Schule. Formal gibt es jedoch – ähnlich wie in Österreich – keinen eigenen Facharzttitel für Forensische Psychiatrie. Forensische Gutachter sind Fachärzte für Psychiatrie und Psychotherapie, oft mit zusätzlicher Erfahrung in forensischen Kliniken oder mit speziellen Fortbildungen. Die Deutsche Gesellschaft für Psychiatrie und Psychotherapie, Psychosomatik und Nervenheilkunde (DGPPN) hat Weiterbildungscurricula und Arbeitsgruppen, die Empfehlungen erarbeiten. Bereits 2006 wurden in Deutschland Mindeststandards für forensisch-psychiatrische Prognosegutachten veröffentlicht. Diese Empfehlungen, formuliert von einer Expertenkommission, sollen den Sachverständigen eine Richtschnur geben, wie ein Prognosegutachten aufgebaut sein muss (z.B. Darstellung der Vorgeschichte, Anwendung von Risikoskalen, nachvollziehbare Begründung der Risikoeinschätzung, etc.). Auch für Schuldfähigkeitsgutachten (Frage der Zurechnungsfähigkeit) hat die Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs gewisse Kriterien festgelegt. So forderte der BGH etwa, dass Gutachten alternativ Szenarien durchdenken müssen und nicht vorschnell eine Diagnose zur Tatkausalität erklären dürfen.
Die Praxis der Rollentrennung ist in Deutschland relativ strikt: Der vom Gericht bestellte Gutachter ist in der Regel nicht identisch mit dem behandelnden Arzt des Beschuldigten. In forensischen Kliniken (Maßregelvollzugskliniken nach §63 StGB) werden zwar interne Verlaufsgutachten geschrieben, aber für wichtige Entscheidungen (z.B. Entlassungen) ziehen die Gerichte zumeist externe Sachverständige hinzu, um eine unabhängige Einschätzung zu erhalten. Dieses Prinzip soll verhindern, dass z.B. ein behandelnder Arzt aus zu großer Empathie die Gefährlichkeit unterschätzt – oder umgekehrt aus Frustration über einen schwierigen Patienten zu negativ urteilt. Natürlich erfordert das mehr Personalressourcen. Deutschland hat jedoch ein relativ dichtes Netz an forensischen Instituten und Experten, sodass diese Trennung umsetzbar ist.
In der Ausbildung geht der Trend dahin, forensische Inhalte stärker in die psychiatrische Weiterbildung zu integrieren. Es gibt Arbeitsgemeinschaften (etwa die „Forensische Arbeitsgemeinschaft“ innerhalb der DGPPN) und optionale Curricula. Viele angehende Gutachter hospitieren in einer Maßregelvollzugsklinik oder arbeiten dort mehrere Jahre, um Erfahrung mit forensischen Patienten zu sammeln. Universitäre Lehrstühle für Forensische Psychiatrie existieren in Deutschland an einigen Hochschulen (z.B. in Berlin, München), oft angesiedelt an psychiatrischen Unikliniken oder rechtsmedizinischen Instituten. Das fördert die Forschung – etwa zu Risikoprognosen, Rückfälligkeit oder Gutachtenqualität. Insgesamt kann man sagen, Deutschland hat in den letzten 10–15 Jahren erhebliche Schritte unternommen, um Qualität und Konsistenz forensischer Gutachten zu verbessern, doch auch hier bleiben Diskussionen lebendig. So wird z.B. debattiert, wie man die Treffsicherheit von Gefährlichkeitsprognosen erhöhen kann – durch stärkere Nutzung statistischer Instrumente oder durch interdisziplinäre Fallkonferenzen. Zudem steht die Frage im Raum, ob eine Zusatzbezeichnung „Forensische Psychiatrie“ offiziell eingeführt werden sollte, um die besondere Qualifikation sichtbar zu machen.
Schweiz
In der Schweiz ist die Situation wiederum etwas anders. Forensische Psychiatrie ist hier als eigenständiger Schwerpunkt anerkannt. Ein Facharzt für Psychiatrie kann eine Zusatzweiterbildung „Forensische Psychiatrie und Psychotherapie“ absolvieren, die von der Schweizerischen Gesellschaft für Forensische Psychiatrie (SGFP) koordiniert wird. Diese strukturierte Weiterbildung umfasst zusätzliche Jahre Praxis in forensischen Einrichtungen, Supervisionen und einen Prüfungskatalog, der forensisches Wissen abdeckt. So hat die Schweiz de facto einen Sub-Spezialisten für Forensik geschaffen, was dem Fach zu höherer Professionalität verholfen hat.
Institutionell verfügen die Schweizer Kantone meist über forensische Abteilungen oder Kliniken, oft an Universitätspsychiatrien angegliedert (z.B. PUK Zürich, UPK Basel). Auch hier werden Gerichtsgutachten sowohl von angestellten forensischen Psychiatern in diesen Institutionen als auch von freiberuflichen Gutachtern erstellt. Die Rollentrennung wird beachtet, jedoch gibt es im Maßnahmesystem (vergleichbar zum Maßregelvollzug) ebenfalls die Konstellation, dass Therapie und Gutachten teilweise durch dieselben Stellen erfolgen – insbesondere wenn regelmäßige Verlaufsbeurteilungen durch die Institution ans Gericht berichtet werden. Allerdings ist in wichtigen Fällen auch in der Schweiz üblich, externe Gutachter beizuziehen, besonders wenn es um Entlassungsentscheide aus dem Maßnahmevollzug geht, um unabhängige Zweitmeinungen zu haben.
Ein hervorzuhebender Aspekt in der Schweiz ist die starke Betonung ethischer Richtlinien. Die SGFP und auch Forschungsteams (wie jene um Elmar Habermeyer in Zürich) beschäftigen sich intensiv mit den Haltungsfragen. Begriffe wie die „triadische Beziehung“ haben ihren Ursprung hier. Schweizer Experten legen Wert darauf, dass Gutachter sich ihrer Doppelrolle stets bewusst sind und ethische Reflexion Teil des Handwerks ist. So gibt es etwa regelmäßige Ethik-Workshops für forensische Fachpersonen und die Thematik Dual Loyalty wird – wie die erwähnte Studie von Wangmo et al. zeigt – empirisch untersucht und diskutiert. Die Erkenntnisse fließen in Leitlinien ein, die beispielsweise Transparenz und Offenheit dem Probanden gegenüber empfehlen, ohne das Gutachtenziel zu kompromittieren.
Auch qualitativ scheint die Schweiz bemüht, hohe Standards zu halten. Fälle von fehlerhaften Gutachten und daraus resultierenden Skandalen sind dort weniger öffentlich bekannt als in Deutschland oder Österreich. Dies könnte mit der intensiveren Spezialisierung zusammenhängen: Wer als Gutachter nicht genügend Expertise hat, wird seltener beauftragt, da das Feld kleiner und überschaubarer ist. Zudem sind die Justizbehörden in der Schweiz in engem Austausch mit forensischen Kliniken, was eine gewisse Qualitätssicherung begünstigt. Nichtsdestotrotz sind auch dort Diskussionen im Gange – zum Beispiel über die Verwendung moderner Risk-Assessment-Tools versus klinischer Einschätzung, oder wie man in Zweifelsfällen gerecht entscheidet. Die Schweiz hat außerdem Sprachgrenzen (deutsch, französisch, italienisch), was zu leicht unterschiedlichen Traditionen geführt hat – die Westschweiz orientierte sich mehr an der französischen forensischen Psychiatrie, die Deutschschweiz an der deutschen. Inzwischen gibt es aber nationale Standards über die SGFP.
Gemeinsame Entwicklungen
Trotz aller Unterschiede teilen Deutschland, Österreich und die Schweiz viele Entwicklungen in der forensischen Psychiatrie. Überall wächst das Bewusstsein für Qualitätskontrolle: sei es durch formale Mindeststandards, durch Fortbildung oder durch wissenschaftliche Studien, welche die Praxis kritisch unter die Lupe nehmen. Auch die Ethik-Debatten ähneln sich: Die Gratwanderung zwischen Therapie und Gutachten-Rolle wird in allen drei Ländern intensiv diskutiert, und es besteht Konsens, dass forensische Experten zwar keine Therapeuten im Gerichtssaal sein dürfen, aber sehr wohl therapeutisches Wissen und humane Werte einbringen sollen. Besonders die jüngere Generation von Forensiker:innen ist oft doppelt qualifiziert (Psychiatrie und Psychotherapie) und hat weniger Berührungsängste, auch mal unkonventionelle Ansätze auszuprobieren, solange sie der Objektivität nicht schaden.
Ein Trend, der in allen Ländern sichtbar ist: Interdisziplinarität. Forensische Fragen lassen sich oft am besten im Team bearbeiten – Psychiater, Psychologen, Sozialarbeiter und Juristen arbeiten zusammen. In Deutschland gibt es etwa Fallkonferenzen mit Beteiligung von Vollzugsbeamten und Therapeuten, in der Schweiz werden standardisiert Multiprofessionelle Risikokonferenzen abgehalten, bevor jemand entlassen wird. Diese Zusammenarbeit soll blinde Flecken einzelner Gutachter ausgleichen.
Abschließend kann man sagen, dass die forensisch-psychiatrische Gutachtertätigkeit ein unverzichtbarer, aber anspruchsvoller Bestandteil des Strafrechts in deutschsprachigen Ländern ist. Positive Aspekte sind die zunehmende Professionalisierung, die Erkenntnis, dass man durch empathische, wissenschaftlich fundierte Begutachtung sowohl dem Individuum als auch der Sicherheit der Allgemeinheit dient, und der Austausch über Ländergrenzen hinweg. Kritisch bleibt zu beobachten, dass es nach wie vor Qualitätsunterschiede gibt und Fehlgutachten gravierende Folgen haben können. Die Balance zwischen Neutralität und Empathie, zwischen ärztlichem Ethos und juristischem Auftrag, verlangt ständige Reflexion. Aber genau diese Reflexion ist spürbar: Studien, Reformen und Expertenstimmen bringen Bewegung in ein Feld, das lange als trockenes Nischenthema galt.
Zum Schluss nochmals zurück nach Österreich, stellvertretend für den gesamten deutschsprachigen Raum: Die aktuellen Diskussionen und Reformansätze, von Prosenz’ Gutachten-Analyse bis zur Gesetzesnovelle 2022 zeigen, dass man gewillt ist, die Lehren aus der Vergangenheit zu ziehen. Verbindliche Standards, bessere Ausbildung und eine klare Rollendefinition sollen dafür sorgen, dass Gutachter ihren “Engel der Medizin” nicht mehr vergessen, sondern sowohl der Justiz als auch den Betroffenen gerecht werden. Denn letztlich profitieren alle davon, wenn forensisch-psychiatrische Gutachten sachlich richtig, ethisch vertretbar und nachvollziehbar sind: Die Gerichte können auf solide Entscheidungen vertrauen, die Gesellschaft wird vor gefährlichen Tätern geschützt und erhält therapierte Rückkehrer, und die Betroffenen selbst bekommen die Chance auf Behandlung und Resozialisierung – anstatt im Schatten von Fehlbeurteilungen zu stehen.
Jetzt-vorbestellen-Gutachten-im-Massnahmenvollzug
Zitat: „Gutachter fürchten, bei Fehlprognosen (Rückfall nach Entlassung) zur Rechenschaft gezogen zu werden, und tendieren daher zu übervorsichtigen, harten Einschätzungen.“
Ich kann diese Ausrede nicht mehr hören. Zum einen liegt die Verantwortung bei dem der rückfällig wird, zum anderen muss endlich die Qualität des Therapeutischen Team in den Anstalten angehoben werden, und es braucht mehrere Maßnahmen nach der Entlassung um Rückfälle zu vermeiden. Digitale Überwachung, engmaschige soziale wie gesundheitliche Nachbetreuung, Wohnraum Versorgung, Arbeit, usw. können straffälliges Verhalten in ein gesellschaftlich angepasstes Dasein wandeln.
Eine Perspektiven lose Verwahrung auf unbestimmte Zeit von Menschen, dient nur einer Scheinsicherheit, und zeigt auch auf das man sich dem Auftrag einer Wiedereingliederung widersetzt, dieser Umstand ist für eine offene Gesellschaft ein Rückschritt. Es hat nichts mit Romantik zu tun wenn man sich Menschen zu wendet, die aus eingeschränkten gesundheitlichen Gründen nicht der „Norm“ entsprechen.
Von Expertinnen erwarte ich mir mehr Mut.