Anlässlich des Internationalen Tags der Familie fand heute eine aufrüttelnde Pressekonferenz statt, organisiert vom Verein Feministische Alleinerzieherinnen (FEM.A). Unter dem Titel „Obsorge – Wie rechte Netzwerke und Väterrechtler Mütterrechte aushebeln“ traten Expertinnen und Experten aus Recht, Psychologie und Zivilgesellschaft vor die Öffentlichkeit, um auf strukturelle Missstände und gefährliche Entwicklungen in familiengerichtlichen Verfahren in Österreich und Deutschland aufmerksam zu machen.
Die Konferenz fußte auf den jüngsten Recherchen von Deutschlandfunk, SWR und Correctiv, die ein weitverzweigtes Netzwerk rechter Akteure offenlegten, das über pseudowissenschaftliche Begriffe wie „PAS“ (Parental Alienation Syndrome), „Bindungsintoleranz“ oder „Eltern-Kind-Entfremdung“ massiven Einfluss auf familienrechtliche Verfahren ausübt – mit verheerenden Folgen für gewaltbetroffene Mütter und ihre Kinder.
Wolfgang Hammer, Soziologe und Autor mehrerer Studien zu familienrechtlicher Praxis, sprach von einem „massiven Skandal“, der sich in vielen Fällen nicht mehr leugnen lasse. Die systematische Missachtung des Kindeswillens, die Instrumentalisierung falscher Narrative und die Anwendung rechtswidriger Zwangsmaßnahmen seien nachgewiesen – unter anderem durch das wegweisende Urteil des deutschen Bundesverfassungsgerichts vom 17. November 2023, das gewaltsame Inobhutnahmen unter Berufung auf PAS für unzulässig erklärte.
Sonja Aziz, Anwältin für Familienrecht und Opferschutz, schilderte eindrücklich die alltägliche Realität betroffener Mütter: Wenn Frauen häusliche Gewalt melden, würden sie im familiengerichtlichen Kontext oft als „bindungsintolerant“ abgestempelt und der Kooperation mit dem Vater bezichtigt – selbst dann, wenn dieser als gewaltbereit bekannt ist. „Wenn Gewalt nicht bewiesen werden kann, droht der Verlust der Obsorge“, so Aziz. Die richterliche Praxis ignoriere dabei häufig die Istanbul-Konvention, die auch Österreich rechtsverbindlich verpflichtet.
Maria Eberstaller, klinische Psychologin und Gerichtssachverständige, kritisierte die mangelnde Qualität vieler Gutachten. Diese würden sich zu oft auf pauschale Konstrukte wie PAS oder Bindungsintoleranz stützen und vernachlässigten individuelle Diagnostik und bindungstheoretisches Wissen. „Ein Kind, das Gewalt erlebt hat, braucht Schutz – keine ideologisch geleitete Gleichmacherei“, forderte sie.
Andrea Czak, Obfrau von FEM.A, verwies auf die politischen Dimensionen: Rechte Netzwerke hätten es nicht nur geschafft, ihre Narrative bis in Gerichtsbeschlüsse zu tragen, sondern auch Einfluss in ministeriellen Arbeitsgruppen gewonnen. Laut Czak versuchten etwa FPÖ-nahe Akteure in vergangenen Koalitionsverhandlungen, PAS gesetzlich zu verankern. Die Zielsetzung sei klar: die Rückkehr zu einer patriarchalen Familienordnung.
Die ExpertInnen forderten ein gesetzliches Verbot unwissenschaftlicher Konzepte im Familienrecht, die Einrichtung einer unabhängigen Ombudsstelle zur Überprüfung familiengerichtlicher Gutachten sowie einen uneingeschränkten Opferschutz für betroffene Frauen und Kinder.
Die Pressekonferenz war ein flammender Appell an Justiz, Politik und Öffentlichkeit, den Schutz von Frauen und Kindern nicht weiter pseudowissenschaftlichen Theorien und rückschrittlichen Machtinteressen zu opfern. „Wir stehen vor einer humanistischen Zeitenwende“, so Dr. Hammer, „und diese beginnt mit dem Ende der institutionalisierten Gewalt im Familienrecht.“