Ich weiß, dass ich nichts weiß“ sagte schon der alte Philosoph Sokrates. Daher wollen sich viele Menschen weiterbilden. Das ist auch im Strafvollzug nicht anders. 

Laut des österreichischen Justizministeriums gibt es im Straf- und Maßnahmenvollzuges mehrere Ziele. Die oberste Priorität ist dabei die Resozialisierung. Ein wichtiges Instrument hierfür ist die Aus- und Weiterbildung der Inhaftierten. Das waren zum 1. Mai 2025 knapp 9.000 Personen. Ihnen stehen in allen Justizanstalten Österreichs verschiedenste Weiterbildungsmöglichkeiten zur Verfügung. Gedacht ist das für in Haft befindliche Personen, die keinen Beruf erlernt haben oder in diesem nicht beschäftigt werden können. Es wird ihnen ermöglicht, eine ihren Kenntnissen, Fähigkeiten und im Idealfall ihren Wünschen entsprechende Ausbildung zu machen. Aber auch berufliche Fortbildungs- und Weiterbildungskurse wie etwa der Erwerb eines Staplerscheins oder das Erlernen von Computerprogrammen sind möglich.

Die Vorteile von solchen Programmen sind nicht von der Hand zu weisen: Durch Bildung wird das Selbstbewusstsein der in Haft befindlichen Personen gestärkt. Oft unterschätzen sie ihr Potenzial, ihre Fähigkeiten und Kompetenzen. Außerdem werden neue Perspektiven und Möglichkeiten für die Zukunft geschaffen. Fort- und Weiterbildung bereiten die Inhaftierten auf ein Leben nach dem Justizvollzug vor und sind somit gute Werkzeuge zur Resozialisierung. Neben klassischem Wissen werden auch Grundkompetenzen wie Resilienz, Pünktlichkeit und Verlässlichkeit vermittelt. Diese Eigenschaften sind essenziell für die gelungene Integration in die Gesellschaft nach der Entlassung. Weiterbildung in Form von kritischem Umgang mit digitalen Medien kann Radikalisierung entgegenwirken. Die Verbesserung des Lebensstils durch Ernährungsberatungs- und Meditationskurse kann als ein wichtiger Stützpfeiler gegen Drogenmissbrauch dienen. Bei Strafgefangenen mit ausländischen Wurzeln ist ein Deutschkurs ein großer Schritt in Richtung straffreies Leben. All diese Vorteile sind Bausteine auf dem Weg in eine gelungene Wiedereingliederung in die Gesellschaft.

In Haft befindliche Personen werden auf Weiterbildungsangebote aufmerksam gemacht.
Im Rahmen des Zugangsgesprächs bei Haftantritt erfolgt eine Beschäftigungszuweisung. Im Anschluss daran wird das Potenzial für allfällige Bildungsmaßnahmen analysiert. Bei Bedarf entwickeln die Bediensteten der JA aufbauend auf den ersten Weiterbildungsmaßnahmen auch Folgekonzepte. Auf diese Weise kann die Zeit des Vollzugs optimal und sinnvoll genutzt werden. 

Die Bildungsangebote werden sehr gut angenommen.
Je nach Ausstattung und Anzahl der inhaftierten Personen wird das Weiterbildungsangebot der Justizanstalten unterschiedlich oft in Anspruch genommen. Laut einer Aufstellung des Justizministeriums haben sich die beanspruchten Bildungsmaßnahmen im Straf- und Maßnahmenvollzug innerhalb eines Jahres nahezu verdoppelt. Im Jahr 2023 lag die Kennzahl bei 2.413 pro 1.000 Tage im Strafvollzug. Dies liegt enorm über der Anzahl im Jahr 2022 (1.475 Bildungsmaßnahmen pro 1.000 Tage). Anhand dieser Aufstellung sieht man, dass die Angebote von den Inhaftierten sehr gut in Anspruch genommen wird. Besonders bei den weiblichen Gefangenen gab es großes Interesse an den angebotenen Weiterbildungsmöglichkeiten. 

Die Anzahl der Bildungsmöglichkeiten in den Justizanstalten schwankt je nach Größe und Ausstattung. Spitzenreiter in dieser Kategorie ist die Justizanstalt Innsbruck mit 859 Fort- und Weiterbildungen im Jahr 2024. Schlusslicht ist Leoben mit 101 möglichen Bildungsmaßnahmen. 

Man kann einen ganzen Beruf hinter Gittern erlernen.
Einige Justizanstalten bieten auch die Möglichkeit zur Absolvierung einer Ausbildung für Facharbeiter:Innen an. Hierbei werden in Zusammenarbeit mit dem Arbeitsmarktservice und dem Berufsförderungsinstitut (BFI) verkürzte Lehrausbildungen angeboten. Es gibt einige Voraussetzungen, um an der „FacharbeiterInnen Intensivausbildung“ teilnehmen zu können. Hierfür muss eine körperliche und geistige Eignung vorliegen und die restliche Strafzeit muss unter drei Jahren liegen. Hat man diese Hürden genommen, erfolgt in den jeweiligen JA die praktische Ausbildung. Der theoretische Teil wird sowohl von externen als auch internen Ausbildenden abgedeckt. Einige Justizanstalten verfügen sogar über eigene Berufsschulen, die eine mehrjährige reguläre Ausbildung ermöglichen. Auf dem Lehrzeugnis ist übrigens nicht ersichtlich, wo der Berufsabschluss gemacht wurde. 

Einige Beispiele für Bildungsangebote in verschiedenen Justizanstalten.
Eine solche um die Hälfte verkürzte Lehrausbildung wird in der Justizanstalt Simmering angeboten. In Haft befindliche Personen können hier etwa Lehrausbildungen zum Metallbearbeitenden oder auch zur Restaurantfachkraft absolvieren. Insgesamt führt diese JA acht verschiedene Berufsausbildungen durch.
In der JA Suben ist ebenfalls eine große Anzahl an Aus- und Weiterbildungen möglich. Dort kann unter  anderem auch eine Lehre als Bäcker:In oder Schlosser:In absolviert werden. Zusätzlich werden Kurse in den Bereichen EDV, Sprache, Kommunikation und Organisation angeboten. Diese Fachkurse werden großteils gemeinsam mit dem BFI oder auch dem Wirtschaftsförderungsinstitut (WIFI) veranstaltet. Nach erfolgreicher Beendigung erhalten die Teilnehmer:Innen eine Bestätigung über die Absolvierung des Fachkurses ausgehändigt.

Bei den Ausbildungsmöglichkeiten wird auch die Jugend nicht außer Acht gelassen. In Haft befindliche weibliche Jugendliche können ihren Pflichtschulabschluss in der JA Schwarzau nachholen. Männlichen Jugendlichen steht die Justizanstalt Gerasdorf dafür zur Verfügung. Des Weiteren kann dieser wichtige Abschluss ebenfalls in den Jugendabteilungen der gerichtlichen Gefangenhäuser gemacht werden. 

Im Rahmen eines Freigangs können Inhaftierte auch verschiedene Aus- und Weiterbildungsprogramme machen, sogar bis hin zum Fernstudium. Diese Möglichkeit wird bisher allerdings nur von wenigen Personen wahrgenommen. 

ELIS – eine fortschrittliche Methode zur Weiterbildung

Es gibt noch weitere Weiterbildungsangebote: In derzeit 28 Justizanstalten können sich in Haft befindliche Personen bei „ELIS- eLearning im Strafvollzug“ anmelden. Die Internetplattform bietet Inhaftierten in Österreich und Deutschland seit 2004 die Möglichkeit zur Online-Weiterbildung. Mehr als 500 unterschiedliche Inhalte stehen zur Verfügung. Diese beinhalten neben Kursen zur Allgemeinbildung auch Angebote zur Förderung der Medien- und Sozialkompetenz. Weiteres sind unter anderem ebenfalls Schulungen in Buchhaltung, eine CAD-Basisausbildung (Computer Aided Design) oder Lagerhaltung auf „ELIS“ vorhanden.
Falls ein Inhaftierter nicht sicher im Umgang mit dem Computer ist, werden auch hier Weiterbildungen angeboten. Diese reichen von Kursen für Einzelprogramme bis zum möglichen Erwerb des Europäischen Computerführerscheins (ECDL). 

„Fuchs im Bau“ thematisiert Bildung hinter Gittern.
Das dieses Thema auch außerhalb von Gefängnismauern mit Interesse verfolgt wird, zeigt die Wiener Filmproduktion „Fuchs im Bau“ von 2021. Beim Eröffnungsfilm der Diagonale in Graz geht es um die Bildung von jugendlichen Straffälligen. Thematisiert wird unter anderem das Anwenden von unkonventionellen Lehrmethoden. Eine eigenwillige Lehrerin setzt auf Förderung von Kreativität und Charakterbildung statt sturem Pauken. Mit dieser Methode eckt sie allerdings bei einigen konservativen Justizbediensteten und im Kollegium an.

Der Film basiert auf wahren Figuren und regt zum Nachdenken an. Denn auch wenn die Angebote für Weiterbildungen in Justizanstalten sehr umfangreich sind, so gibt es noch andere Probleme zu berücksichtigen. In Haftanstalten treffen Menschen mit unterschiedlichstem Hintergrund aufeinander. Manche haben schlechte Lernerfahrungen, wenig Selbstbewusstsein oder haben generell Probleme mit der Konzentration. Dazu kommen bei einigen Schwierigkeiten mit dem Sprachverständnis. Trotzdem sollen die Lernwilligen bestmöglich gebildet werden, um ihnen einen guten Start in ein neues, gesetzestreues Leben zu ermöglichen. Eine schwierige, aber sehr wichtige Aufgabe.

Schreibe einen Kommentar

Deine E-Mail-Adresse wird nicht veröffentlicht. Erforderliche Felder sind mit * markiert