Es ist mir eine besondere Ehre und Freude in Rahmen einer eigenen Kolumne die Maßnahmen und Bemühungen in der Gewaltprävention in Österreich kritisch „unter die Lupe“ nehmen zu können. Vieles wurde unternommen, um den Opferschutz zu verbessern, dennoch existieren nach wie vor Lücken und Defizite, die es zu schließen gilt.
Unter dem Schwerpunkt Österreich und die Baustellen im Opferschutz, erlaube ich mir die Effizienz und Wirksamkeit der langjährigen Bestrebungen zu beleuchten.
„Gewalt an Frauen ist eine der schwersten Menschenrechtsverletzungen unserer Zeit“.
Österreich hat alle wichtigen völkerrechtlich verbindlichen Konventionen ratifiziert, um Menschenrechte, Frauenrechte und Kinderrechte zu garantieren, dazu gehören die UN-Menschenrechtskonvention die UN-Frauenrechtskonvention, die UN-Kinderrechtskonvention und zuletzt auch die Europaratskonvention zur Verhütung und Bekämpfung der Gewalt an Frauen, bekannt als Istanbul Konvention. Österreich hat auch die Lanzarote Konvention, das Übereinkommen des Europarates zum Schutz von Kindern vor sexueller Ausbeutung und sexuellem Missbrauch ratifiziert.
Die Europäische Menschenrechtskonvention EMRK und die Gleichstellung der Geschlechter sind in der Verfassung verankert, ebenso die Kinderrechtskonvention hat Verfassungsrang. Damit hat sich Österreich mehrfach verpflichtet, alles zu tun, um Gleichstellung und vor allem Frauen und Kindern vor Diskriminierung und Gewalt zu schützen, zu unterstützen, und zwar individuell und bestmöglichst (due diligence) in allen Bereichen, wie es in der Istanbul Konvention heißt und dass „Jede Frau, die sich in Österreich aufhält, hat ein Recht auf Schutz und Sicherheit“ hat.
Österreich galt auch lange Jahre als internationales Vorbild im Opferschutz, insbesondere durch die Implementierung des Bundesgesetzes zum Schutz vor Gewalt in der Familie – GeSchG) im Jahr 1997, wo der Staat erstmals Gewalt in der Familie als Gewaltverbrechen anerkannt hat und Gewalttäter sowohl polizeilich als auch gerichtlich aus dem Wohnraum und der unmittelbaren Umgebung verwiesen werden können. Ein wichtiger Paradigmenwechsel im Opferschutz und in der Gewaltprävention, denn nicht die betroffenen Frauen und Kinder müssen seither vor ihren gewalttätigen Partnern flüchten, sondern Täter werden mit Sanktionen und Konsequenzen konfrontiert.
Dieses Gesetz wurde laufend reformiert, aber auch zahlreiche weitere Gesetze zum Schutz vor Gewalt in der Familie, sexuelle Gewalt, digitalisierte Gewalt wurden etabliert und laufend novelliert. Auch die Opferrechte im Strafverfahren konnten ausgebaut werden, wie etwa die kostenlose psychosoziale und juristische Prozessbegleitung im Strafverfahren, sowie psychosoziale Begleitung bei einem nachfolgenden Zivilrechtsverfahren. Seit 2011 gibt es auch weitere und wichtige Verbesserungen im Gesundheitswesen. Zusätzlich zu den Kinderschutzgruppen wurden auch Opferschutzgruppen für erwachsene Gewaltopfer in allen Spitälern gesetzlich verankert.
Seit 1978 gibt es in Österreich das erste Frauenhaus, es folgte ein sukzessiver flächendeckender Ausbau an Frauenhäusern, mittlerweile gibt es 33 Frauenhauseinrichtungen und weitere Schutzunterkünfte. Sie leisten eine enorm wichtige und lebensrettende Arbeit. Wenn es diesen Schutz für Frauen und Kinder nicht geben würde, hätten wir wahrscheinlich noch ein viel größeres Ausmaß an schwerer Gewalt an Frauen und Femiziden.
Außerdem wurden zu den Frauenhäusern zahlreiche Frauen- und Mädchenberatungsstellen, Migrantinnenberatungsstellen, Gewaltschutzzentren, die nationale Frauenhelpline gegen Gewalt 0800/222 555, Männerberatungsstellen und Kinderschutzzentren etc. ausgebaut. Alles absolut wichtige Hilfseinrichtungen.
Dennoch hat die Gewalt an Frauen und Kindern nicht abgenommen, ganz im Gegenteil.
Das Ausmaß der Gewalt hat stetig zugenommen bzw. nimmt laufend zu. Die Zahlen sind erschütternd. 2014 gingen wir davon aus, dass in Österreich jede 5. Frau Opfer von Männergewalt wurde, seit 2022 wissen wir laut Statistik Austria, dass jede 3. Frau ab dem 15. Lebensjahr mindestens einmal sexuelle und körperliche Gewalt durch männliche Mitglieder unserer Gesellschaft erlebt. Österreich gilt EU-weil als „Land der Femizide“, weil mehr Frauen als Männer getötet werden, aufgrund ihres Geschlechts. 2018 gab es 41 Femizide an Frauen 2014 wurden im Vergleich 19 Frauen getötet. Es kam also seither zu mehr als einer Verdoppelung der ermordeten Frauen – ein trauriger Rekord. Monatlich werden mittlerweile etwa 2-3 Frauen ermordet. Auch die schwere Gewalt und die Mordversuche an Frauen steigen jährlich.
Jede Frau kann Opfer von Femiziden werden, egal wie alt sie ist, woher sie kommt, wo und was sie arbeitet, welchen Beruf sie nachgeht und welchen sozialen Status sie hat.
Femizide zählen zu den größten Hassverbrechen gegen Frauen. Sie sind vorsätzliche Tötungen an Frauen durch Männer. Frauen werden getötet aufgrund ihres Geschlechts bzw. aufgrund von „Verstößen“ gegen die traditionellen sozialen und patriarchalen Rollenvorstellungen.
Baustelle: Täterschutz statt Opferschutz
Österreich leistet eindeutig viel zu wenig, um Frauen zu schützen und Täter zu stoppen und sie wirklich ernsthaft zur Verantwortung zu ziehen, das sieht man am Beispiel der Frauenhäuser:
Trotz zahlreicher Maßnahmen müssen noch immer viel zu viele Frauen mit ihren Kindern von zu Hause flüchten, anstatt sicher zu Hause leben zu können. Jährlich müssen etwa 3000 Frauen und Kinder vor ihren Peinigern flüchten.
Oberste politische Priorität und großes und langfristige politische und gesellschaftliche Ziel in der Gewaltpräventionsarbeit muss lauten: Nicht Frauen und Kinder sollen flüchten und in Panik und Bedrohung leben müssen, sondern die Täter müssen effektiv und wirksam in die Verantwortung gezogen werden.
Es ganz einfach , wenn ich zuschlage zeige ich meine Schwäche . Mit schlagen kann man keine Probleme lösen.
ich finde gewalt gegen kinder noch viel schlimmer. frauen sind erwachsene menschen und es ist ihnen zumutbar, dass sie hilfe suchen und sich dem gewaltumfeld entziehen. frauen als arme hilflose hascherl zu verkaufen ist das geschäft der feministinnen. wer ihnen widerspricht oder eine nicht-genehme meinung hat, ist gleich der böse frauenhasser. man muss frauen aber nicht hassen, wenn durch die mutter oder durch psychisch gestörte ex-partnerinnen traumen verursacht wurden. man kann das sehr gut aufarbeiten, indem man darüber spricht …..
Lieber Herr Hans,
Frauenhäuser haben sehr früh erkannt (1978), dass Kinder und Jugendliche immer Opfer von familiärer Gewalt werden, direkt und indirekt. Sie sind immer betroffen, auch wenn sie Gewalt an der Mutter nur miterleben und Zeug*innen der meist väterlichen und männlichen Gewalt werden. Daher sind Frauenhäuser auch Kinderschutzeinrichtungen und sie werden dort speziell und individuell unterstützt und begleitet und geschützt.
Für Frauen und deren Kinder ist das eigene Zuhause der gefährlichste Ort, daher müssen viele Frauen mit ihren Kindern vor den Gewalttätern, den eigenen Misshandlern flüchten und sie tun das auch, um ihr und das Leben ihrer Kinder zu retten. Frauen fühlen sich für ihre Kinder verantwortlich, sie schützen sich und ihre Kinder.
Aber auch dann, wenn sie flüchten und sich vor Partnergewalt schützen, sind sie einem hohen Risiko und großen Gefahren ausgesetzt. Viele Frauen werden dann ermordet, wenn sie Schritte setzen und sich von einer Gewaltbeziehung befreien wollen. Scheidung, Trennung, Anzeigeerstattung oder Flucht ins Frauenhaus kann das Todesurteil sein. Nicht umsonst haben wir jährlich so viele Femizide und Mordversuche an Frauen. Heuer bereits wieder 6 Femizide und 16 Mordversuche. Das heißt, sie haben grade noch überlebt.
Das Problem sind die gewaltbereiten Männer mit ihrem frauenfeindlichen und gefährlichen Verhalten. Toxische Männer sind eine Gefahr für Frauen und deren Kindern. Gewalttäter sind Gift für unsere Gesellschaft. Sie sind es, die Frauen in diese schwierige und ausweglose Lage versetzen, und zwar meist systematisch. Dahinter stecken Strategien, die sie meist bewusst einsetzen, damit die Partnerin nicht loskommt, sondern zermürbt wird. Die meisten Gewalttäter kommen mit Verlust, Zurückweisung, Kränkungen etc. nicht zurecht und wollen daran auch nichts ändern. Sie holen sich keine Hilfe. Sie haben keine Schuldeinsicht und übernehmen keine Verantwortung für ihr zerstörerisches Verhalten. Zu diesen Täterstrategien gehören Macht, Machtmissbrauch, Kontrolle und Besitzansprüche, Manipulation, Verharmlosung der Gewalt, Blenden und Instrumentalisieren der Umgebung und Behörden, um von der eigenen Verantwortung und dem Verhalten abzulenken.
Femizide und Gewalt an Frauen passieren, aufgrund des Geschlechts, weil sie Frauen sind. Umgekehrt werden keine Männer von ihren Partnerinnen gewürgt, krankenhausreif geschlagen, gedrosselt, verbrannt, erschossen oder ermordet. Daher ist es ein Männerproblem.
Alle, die Gewalt an Frauen verharmlosen, runterspielen, negieren etc. machen sich der Mittäterschaft schuldig.
Wir brauchen Männer, positive Vorbilder für andere Männer, für die Kinder und Jugendlichen und Frauen, die eine klare Haltung gegen jede Form der Männergewalt an Frauen zeigen und Verantwortung für sich und für die Gesellschaft übernehmen. Übrigens es sind Feministinnen, die Kinder schützen und unterstützen, Feministinnen, die in Frauenhäusern arbeiten und sich gegenseitig helfen, damit sie aus dieser Gewaltdynamik entfliehen können und irgendwann wieder ein normales gewaltfreies Leben leben können.