Trotz der Probleme mit sexuell übertragbaren Krankheiten im Strafvollzug, werden zu oft beide Augen zugemacht und das Thema nicht einmal mit der Kneifzange angefasst. Dadurch wird die Situation für alle schlechter. Aber wie sieht die Realität aus und welche Maßnahmen insbesondere bei HIV gibt es? Eine Rundschau.

Offiziell wird Sex in vielen Gefängnissen nicht anerkannt, doch inoffiziell ist er weit verbreitet. Einige Länder haben Programme zur Verteilung von Kondomen und Gleitmitteln in Haftanstalten eingeführt, wie Kanada, Australien, Deutschland, Niederlande oder die Schweiz. Nicht überall werden Kondome kostenlos angeboten. In einigen Ländern gibt es Automaten oder eine diskrete Ausgabe durch medizinisches Personal. Länder wie Frankreich, Spanien oder Brasilien stellen Kondome prinzipiell zur Verfügung, aber nicht in allen Haftanstalten.

Weltweit muss man sagen, dass Kondome in den meisten Gefängnissen sogar verboten sind, da sie als Beweis für unerlaubte sexuelle Aktivitäten gesehen werden. Bekannt dafür sind Russland sowie viele afrikanische und asiatische Länder. Behörden argumentieren oft, dass die Bereitstellung von Kondomen Sex unter Gefangenen fördern würde. Manche Gefängnisse befürchten auch, dass Kondome als Schmuggelversteck genutzt werden könnten.

In Österreich bekommt man keine klare offizielle Antwort ob Präventionsmaßnahmen mittels Kondomen durchgeführt werden. AIDS-Hilfe-Organisationen beantworten die Frage so, dass es keine flächendeckende Ausgabe von Kondomen in österreichischen Gefängnissen gibt. Denn offiziell wird Sex unter Insassen nicht toleriert, daher gibt es nur begrenzte Präventionsmaßnahmen. Anstatt verantwortungsvoll mit der Thematik umzugehen, werden beide Augen zu gemacht. Ganz dem klassischen Motto folgend: Was nicht sein darf, kann auch nicht sein.

Dabei stimmt dies nicht einmal. Im Gegenteil, denn sexuelle Gesundheit ist ein Menschenrecht. Ein verordnetes Zwangszölibat ist keine selbstverständliche Folge des Freiheitsentzugs. Die Angst vor der Sexualität geht soweit, dass sogar das Personal disziplinäre Konsequenzen erwarten muss, wenn es eigentlich menschenrechtskonform agiert. Anstatt eine realitätsfremde Scheinwelt mit Gewalt aufrecht zu erhalten, muss endlich ein Umdenken geschehen. Schulungen auf allen Ebenen zu der Thematik könnten den Anfang machen.

Kondome und Gleitmittel in Gefängnissen – Eine weltweite Debatte

Bevor wir die Palette an möglichen Maßnahmen zur Schutz der sexuellen Gesundheit der Häftlinge durchgehen, muss betont werden: Gerade für die HIV- und STI-Vorbeugung* gibt es keine Alternativen. Dennoch gibt es in vielen Ländern Einschränkungen oder Verbote, oft aufgrund moralischer, rechtlicher oder sicherheitsbezogener Bedenken. (*Sexuell übertragbare Infektion)

Traurigerweise werden moralische, rechtliche oder sicherheitsbezogene Bedenken, die aus der Verweigerung von vorbeugenden Maßnahmen resultieren, unter den Tisch gekehrt. Eine derartige Heuchelei ist eines aufgeklärten Rechtsstaates unwürdig.

So hat das Bundesministerium für Justiz einerseits Richtlinien zur Durchführung der oralen Substitutionsbehandlung von Suchtkranken entwickelt, um das Infektionsrisiko zu minimieren. Andererseits wird auf das breite Feld der menschlichen Sexualität nicht eingegangen, trotz wissenschaftlicher positiver Erkenntnisse. Maßnahmen zur Verhütung von HIV-Infektionen unter Insassen werden weitgehend ohne den geschützten, selbstbestimmten Zugang zu Kondomen oder Gleitmittel durchgeführt.

Vergleicht man das mit den Niederlanden, bleibt einem nur Stirnrunzeln. Ein breit angelegtes Präventionsprogramm konnte zwischen 2010 und 2020 die Anzahl an Neuinfektionen etwa halbieren. Bewährte Angebote und Versorgungsstrukturen wurden aus dem allgemeinen Gesundheitswesen auf ihre Relevanz für die Verbesserung der gesundheitlichen Situation Inhaftierter überprüft und an die Bedingungen des Justizvollzugs angepasst. Bedeutet: Fast alles das in den Niederlanden in Freiheit verfügbar ist, wird auch Menschen in Haft zur Verfügung gestellt.

Verwende ein Kondom!

Warum sind Kondome und Gleitmittel in Gefängnissen wichtig?

Ungeschützter Sex in Haft, ist ein bedeutender Risikofaktor für die Verbreitung von HIV, Syphilis und Hepatitis. Außerdem sind viele sexuelle Kontakte in Gefängnissen nicht einvernehmlich, auch weil es eben nicht sein darf, somit können gewalttätige Übergriffe, und andere strafbare Handlungen sogar noch gefördert werden.

Natürlich geht es nicht darum Kondome und Gleitmittel hirnlos in den Haftanstalten zu verteilen. Der Zugang muss begleitet werden mit Aufklärungen und Schulungen zu HIV/AIDS/STI, Übertragungswegen und Schutzmaßnahmen – für Insassen und Personal.

Zudem können vorbeugende Medikamente (PrEP) bei hohem Ansteckungsrisiko oder Notfallmedikation (PEP) etwa bei Übergriffen oder Nadelstichverletzungen angeboten werden. Am besten verbunden mit freiwilligen Testungen und Diagnosen im Laufe der Haftzeit und einer Fachberatung durch medizinisches Personal oder NGOs.

Eine Behandlung und Versorgung von HIV-positiven Gefangenen mit Antiretrovirale Therapie (ART), Kontinuierlicher ununterbrochener Zugang zu HIV-Medikamenten, um die Viruslast zu senken und regelmäßige ärztliche Kontrollen müssen sichergestellt sein. Selbiges gilt für die Behandlung anderer sexuell übertragbarer Krankheiten (STIs), wie Hepatitis, Feigwarzen oder Syphilis. Gleitmittel verringern Verletzungen und somit das Infektionsrisiko.

Der richtige Weg in die Zukunft: Eine Versorgung mit gesunder Ernährung, medizinischer Betreuung, soziale Unterstützung bei Wohnung, Arbeit, und Suchttherapie während und nach der Haft, und das Bewusstsein innerhalb der Justiz das ein Zugang zu ganzheitlicher Gesundheit für die Gesellschaft und den Betroffenen Menschen selbst ein Gewinn ist, sowie das Risiko einer Rückfallwahrscheinlichkeit senkt.

Bleiben Sie zuversichtlich, schützen Sie Ihre Gesundheit sowie die Ihrer Kontakte, fordern Sie Ihr Recht auf ganzheitliche Gesundheitsförderung.

Schreibe einen Kommentar

Deine E-Mail-Adresse wird nicht veröffentlicht. Erforderliche Felder sind mit * markiert