Immer mehr Jugendliche sind von Sextortion betroffen, meldet Rat auf Draht. Die Erpresser*innen werden neuerdings dreister, doch neue Online-Tools können Abhilfe schaffen.

Werden User im Internet mit ihren Nacktbildern oder Nacktvideos erpresst, spricht man von Sextortion (einer Wortkombination aus Sex und Extortion = Erpressung). Die Zahl junger Menschen, die Opfer einer solchen Sex-Falle im Internet werden, steigt, wie die Gespräche der Notrufnummer 147 von Rat auf Draht zeigen: Die Anfragen zu dieser Thematik stiegen im ersten Halbjahr 2023 im Vergleich zum zweiten Halbjahr 2022 um 39,05 Prozent von 105 auf 146 Beratungen.

Die Masche der ErpresserInnen ist immer ähnlich: Ein Mädchen oder eine junge Frau nimmt Kontakt über Social Media auf und beginnt einen Chat. Schnell geht das Gespräch in die erotische Richtung und es wird vorgeschlagen, sich gegenseitig Nacktbilder zu schicken oder sich in einem Videochat gegenseitig nackt zu zeigen, was die junge Frau dann auch tut. „Viele Jugendliche gehen darauf ein, weil es aufregend ist und sie sich sicher fühlen, weil sich ja beide Seiten intim zeigen“, sagt Birgit Satke, Leiterin der Notrufnummer 147. Betroffen seien sowohl Jungen als auch Mädchen.

Doch Interesse an einem „heißen Flirt“ hat die Chatpartnerin mitnichten. In Wahrheit stecken gut organisierte BetrügerInnenbanden dahinter. Gehen die Jugendlichen darauf ein und schicken Nacktfotos von sich oder zeigen sich im Videochat nackt, wird das gespeichert, mitgefilmt oder es werden Screenshots davon gemacht. Die erotische Stimmung kippt abrupt und die Betroffenen erhalten eine Nachricht, in der sie aufgefordert werden, innerhalb eines kurzen Zeitraums Geld zu überweisen. Die ErpresserInnen drohen, die Bilder oder das Video bei Nichtbefolgen zu veröffentlichen und an die Social Media Kontakte der Betroffenen weiterzuleiten.

ErpresserInnen werden noch dreister

Neu ist seit kurzem, dass die TäterInnen ihrer Drohung gleich zu Beginn Nachdruck verleihen: „Früher wurde etwas zugewartet, jetzt werden oft umgehend nach der Bekanntgabe der Erpressung Bilder an eine oder mehrere Personen aus dem Bekanntenkreis der Betroffenen geschickt, um die Ernsthaftigkeit des Unterfangens zu untermauern“, sagt Satke. Besonders „beliebt“ bei TäterInnen sind Snapchat und Instagram. „In vielen Fällen wird der Erstkontakt auf Snapchat hergestellt und das Gespräch sowie die nachfolgende Erpressung finden dann oft auf Instagram statt. Die ErpresserInnen fordern auch aktiv auf, den Kanal zu wechseln“, weiß Satke.

Neue Online-Tools gegen Sextortion

Doch nicht nur die ErpresserInnen haben neue Angewohnheiten, es gibt auch zwei neue Online-Tools, die eine Veröffentlichung der Nacktbilder oder Videos auf bestimmen Plattformen verhindern können:

– „Take it down“ für Personen unter 18 Jahren, verhindert den Upload von intimen Bildern oder Videos auf den Plattformen Instagram, TikTok, Facebook, Onlyfans, Pornhub, Clips4Sale und Yubo.

– „Stop Non-Consensual Intimate Image Sharing“ für Personen ab 18 Jahren, verhindert den Upload von intimen Bildern oder Videos auf den Plattformen Instagram, TikTok, Facebook, Onlyfans, Bumble und Reddit.

Zur Nutzung dieser Services ist es erforderlich, dass die Bilder oder Videos, die dem vermeintlichen „Flirt“ geschickt wurden, noch irgendwo gespeichert sind. „Wenn man dieses Service nutzen will, wird ein digitaler Fingerabdruck von dem Foto oder Video auf dem Gerät erstellt und an den Dienst übermittelt, der es den Onlineplattformen ermöglicht, intime Bilder oder Videos zu identifizieren und eine Veröffentlichung zu verhindern“, erklärt Satke. Die Nacktbilder oder Nacktvideos bleiben auf dem Gerät des Users und werden selbst nicht hochgeladen. Das Service funktioniert bei Anwendungen, die keine “Ende-zu-Ende-Verschlüsselung” aufweisen. 

Die genaue Funktionsweise dieser Tools und eine Schritt für Schritt-Anleitung für „Take it down“ hat Rat auf Draht hier in einem Artikel zusammengefasst.

Weitere Tipps, was gegen Sextortion getan werden, kann gibt es zudem hier.

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