Gefängnis bedeutet nicht nur Freiheitsentzug, sondern auch eine dramatische Einschränkung aller menschlichen Kontakte. Und diese Einschränkung trifft nicht nur die Gefangenen selbst, sondern auch ihre Familien und FreundInnen. Besuche sind streng reglementiert, finden oft hinter einer Scheibe statt und sind für diejenigen schwer oder gar nicht möglich, die nicht nahe dem Gefängnis leben. Telefonkontakte sind gleichfalls nur begrenzt möglich und außerdem sehr teuer, insbesondere ins Ausland.

Doch es gibt Möglichkeiten, mit Gefangenen Kontakt zu halten – und es ist sehr wichtig für Leute im Gefängnis, dass diese Möglichkeiten auch genützt werden. Der regelmäßige Kontakt mit den Menschen hinter der Mauer ist ein Fenster aus dem ununterbrochen kontrollierten und überwachten Raum des Gefängnisses in die Außenwelt. Zugleich stärkt es auch die Gefangenen, wenn die Justizanstalten mitbekommen, dass sie nicht allein sind.

Gefangene sollen gebrochen werden, indem ihnen Emotionen, Gefühle und menschliche Nähe vorenthalten werden. Das Schreiben von Briefen an Gefangene ist eine Waffe gegen Vereinzelung, Vereinsamung, Stagnation, Resignation und Isolation in Knästen. 

Angehörige und FreundInnen von Gefangenen unterstützen mit ihren Besuchen, Telefonaten und Briefen – aber viele Gefangene haben kaum Außenkontakte oder nur solche, die schwer aufrecht zu erhalten sind. Für sie ist es besonders wichtig, neue Kontakte aufzubauen.

Deshalb zählt für die allermeisten Inhaftierten der Erhalt von Briefen zu den wenigen Lichtblicken im alltäglichen Grau des Vor-sich-hin-Lebens in der Anstalt. Hinter den Mauern mit Stacheldraht, Wachtürmen und bewaffneten SchließerInnen ist es schwer, menschliche Nähe und Gefühle zu entwickeln. Jeder Tag ist ein Kampf darum, trotz Unterordnung und Schikanen Mensch zu bleiben.  Aber das Schreiben ist eine Möglichkeit diese Mauern der Passivität, Kälte und Isolation zu durchbrechen. Es schafft Abwechslung und gibt die Möglichkeit, die eigenen Gedanken zu erweitern.

Briefe aus dem Knast bedeuten andererseits auch immer die Möglichkeit, Gefangenen eine Stimme zu verleihen. Was hinter den Mauern passiert, bleibt für die, die draußen sind, im Verborgenen. Indem Haftbedingungen und die Lebensrealitäten öffentlich gemacht werden, fühlt sich der Staat zumindest kontrolliert.

Wir vermitteln zwischen Gefangenen und Leuten draußen, die Briefe schreiben wollen, indem wir Kontakte herstellen und auch beim Schreiben von Briefen in das Gefängnis unterstützen. Denn schließlich ist es nicht ganz einfach, einen Briefkontakt mit einer unbekannten Person herzustellen.

Leute im Gefängnis und außerhalb können sich bei uns melden, wenn sie in Briefkontakt treten wollen: Graz: Radio Helsinki / Zwischen Gitterstäben, Schönaugasse 8, 8010 Graz
Wien: Union für die Rechte von Gefangenen, c/o Monika Mokre, Postfach 0004, 1100 Wien, oder über Facebook Messenger: https://www.facebook.com/gefangenengewerkschaft.oesterreich

Wir bieten auch gemeinsame Schreibworkshops an, bei denen wir darüber reden, wie man Briefkontakte beginnt und weiterführt und auch gemeinsam Briefe verfassen:

Graz: Jeden 2. Donnerstag im Monat, 19 Uhr, Schwarze Raupe (Steinfeldgasse 2, 8020 Graz)
Wien: Erstes Treffen: Donnerstag, 14.3., 18:00, Kitchen – Zentrum der Tat (Schwarzhorngasse 1/ Eingang Bacherplatz, 1050 Wien)

Eine Möglichkeit, mit Gefangenen nicht nur in Kontakt zu bleiben, sondern auch öffentlich zu zeigen, dass man auf FreundInnen und Angehörige hinter Gittern nicht vergisst, bieten Radiosendungen, die sich an Gefangene richten. Denn Radio- und TV-Empfang gibt es auch im Gefängnis. International gibt es dafür einige Beispiele, zum Teil auch mit einer langen Geschichte.

In Österreich strahlt Radio Orange schon seit einiger Zeit eine Sendung mit Grüßen an Gefangene aus, bis vor kurzem unter dem Titel „Café LG – Želje, čestitke i pozdravi“  in Bosnisch/Kroatisch/Serbisch (BKS). Die Sendung ist in der ex-jugoslawischen Community sehr beliebt und steht seit kurzer Zeit auch Menschen mit anderen Sprachen offen. Grüße an Gefangene können über Viber an Café LG geschickt werden und sind in Wien und Umgebung im Radio, bzw. überall im livestream zu hören. Damit können auch Menschen, die nicht in Wien leben, Gefangenen in den Justizanstalten in Wien und Umgebung zeigen, dass sie an sie denken. Für die Zukunft ist geplant, dieses Angebot über andere nicht-kommerzielle Radios auf ganz Österreich auszuweiten.

Café LG setzt Zeichen – für diejenigen, denen Grüße ausgerichtet werden, und für alle anderen, die mithören, dass Beziehungen trotz Gefängnismauern bestehen bleiben können.

Und so funktioniert es:

Café LG wird jeden Sonntag von 21:00 bis 22:00 live auf FM 94,0 MHz auf RADIO ORANGE und unter https://o94.at/de/player/live ausgestrahlt. Um 21:00 können Nachrichten gratis über Viber  (+436646621348) an Café LG geschickt werden. Auch Live-Anrufe unter +43 1 319 09 99 33 sind während der Sendung möglich.

Nachrichten auf BKS, deutsch und englisch können über Viber als Text- oder Sprachnachrichten geschickt werden; in diesen Sprachen kann man auch während der Sendung live beim Moderator Robert Flashback anrufen. In jeder anderen Sprache kann man über Viber Sprachnachrichten schicken, die dann eingespielt werden.

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