Obwohl wir als Verfasser dieses Schreibens mit Repressalien seitens der Anstaltsleitung rechnen müssen, nehmen wir dieses Risiko in Kauf, weil wir als Betroffene die absolut perspektivlose Unterbringung und die Verletzung der Menschenrechte nicht mehr länger mitansehen können.

Bei den angeführten Punkten handelt es sich lediglich um die berühmte Spitze des Eisberges und diese stehen exemplarisch für das Gesamtversagen des Maßnahmenvollzuges in der Justizanstalt Graz-Karlau. Jeder einzelne der angeführten Fälle ist belegbar, und wir stellen zum Beweis gerne die Originalunterlagen zur Verfügung.

Ablehnung von Vollzugslockerungen seitens der Anstaltsleitung, bzw. des Fachteams, obwohl aber ein gerichtlich beeideter Sachverständiger im Auftrag des Gerichtes, diese explizit empfohlen hat. Somit wird seitens der Anstaltsleitung, die Chance auf Realbewehrung gänzlich verbaut und es bleibt nur die perspektivlose Anhaltung im Maßnahmenvollzug.

Die regelmäßige Ablehnung der Verfahrenshilfe durch das Landesgericht Graz. Somit wird einer Vielzahl von Untergebrachten die Chance auf ein faires Verfahren zur bedingten Entlassung aus dem Maßnahmenvollzug nicht gewährt. Ein grotesker Grund aus einer kreativen Begründung von Ablehnungen ist der, dass der Untergebrachte über ausreichende Deutschkenntnisse verfügt.

Keine Entlassung eines Untergebrachten, obwohl diese aber von einem gerichtlich beeideten Sachverständigen im Auftrag des Gerichtes, ausdrücklich empfohlen wurde. In diesem Fall bezog sich die Ablehnung zur Entlassung, nur auf eine negative Stellungnahme der Justizanstalt, Graz-Karlau an das Vollzugsgericht. Auch in diesem Fall setzte sich die Anstaltsleitung nicht nachvollziehbar über das Gutachten eines gerichtlich beeideten Sachverständigen hinweg. Wie schon oben erwähnt, bleibt auch hier für den Insassen nur mehr die weitere perspektivlose Anhaltung im Maßnahmenvollzug, da am Landesgericht Graz, offenbar keine positiven Entlassungsgutachten berücksichtigt werden.

Eine ehemalige Mitarbeiterin des psychologischen Fachteams in der Justizanstalt Graz-Karlau, fungiert mittlerweile als gerichtlich beeidete Sachverständige und sie erstellt zahlreiche Gutachten im Auftrag des Landesgerichtes Graz von Untergebrachten in der Justizanstalt, Graz-Karlau. In mehreren Fällen explorierte sie sogar ehemals von ihr betreute Insassen. Das widerspricht in jeder Form der erforderlichen gutachterlichen Unvoreingenommenheit.

In der Justizanstalt Graz-Karlau, werden keine Fachteamberichte, oder eventuell vorhandene Vollzugspläne an sie betroffenen Untergebrachten ausgefolgt. Von den jeweiligen Insassen wird aber vom Fachteam zur Kenntnisnahme der jeweiligen Schreiben eine Unterschrift eingefordert. Somit wird den betroffenen Insassen jegliche Möglichkeit genommen, um über den eigenen derzeitigen Status Bescheid zu wissen und auch diesbezüglich jede eventuelle Perspektive genommen.

Bezugnehmend auf Therapien ist zu sagen, dass diese in der Justizanstalt Graz-Karlau, nicht zeitnah organisiert werden. Es sind etliche Fälle von Personen bekannt, die in keinem therapeutischen Setting eingebunden sind. Des Weiteren ist ein Fall belegbar, wo es in bisher 50 Kalenderwochen im heurigen Jahr, zu nur 33 Therapieeinheiten zu jeweils 50 Minuten gekommen ist. Das entspricht tatsächlich dem Durchschnitt.

Für uns als Untergebrachte in der Justizanstalt Graz-Karlau, ergeben sich daher folgende Fragen, bei denen wir dringend Hilfe benötigen:

  • Ein oberflächliches Gutachten reichte zur potenziell lebenslangen Anhaltung in einem Forensisch- Therapeutisches Zentrum. Was müssen wir als Untergebrachte erfüllen, um weit nach unserer Haftstrafe entlassen zu werden, wenn positive Gutachten vom Landesgericht Graz nicht gewürdigt werden?
  • Weshalb stellt  sich das Fachteam und die Departementleitung Maßnahmenvollzug, in der Justizanstalt Graz-Karlau, in aller Regel über positive Gutachten von gerichtlich beauftragten Sachverständigen, welche sich für eine Entlassung aussprechen?
  • Weshalb übergeht das Landesgericht Graz, gerichtlich beauftragte Gutachter, welche sich für Entlassungen und Vollzugslockerungen aussprechen, und bezieht sich in der Urteilssprechung bei der Verlängerung der weiteren Anhaltung lediglich auf die Stellungnahme der Justizanstalt Graz-Karlau?
  • Bei positiven Gutachten, die eine Entlassung empfehlen, dauert die Beschlussfassung zur weiteren Anhaltung sehr lange, mitunter weit über ein Jahr. Kann es sein, dass bewusst gesetzliche Fristen übergangen werden, da auch ein positives Gutachten nur ein Jahr Gültigkeit hat? Nach Ablauf dieser Frist kann das Gericht jederzeit ein neuerliches Gutachten einfordern. Aufgrund der Auflehnung gegen das menschenrechtsverletzende System Maßnahmenvollzug, ist dann die Chance sehr hoch, einen der Justizanstalt. nahestehenden Gutachter zugeteilt zu bekommen, wo dann die weitere Anhaltung besiegelt wäre.
  • Es ist zu hinterfragen, weshalb sich das Fachteam und die Departementleitung – Maßnahmenvollzug der Justizanstalt Graz-Karlau, trotz positiven Gutachten, die für eine Entlassung sprechen, regelmäßig gegen eine bedingte Entlassung aus dem Maßnahmenvollzug aussprechen?
  • Weshalb behaupten die Verantwortlichen in der Justizanstalt Graz-Karlau, dass rückläufige Entlassungen aus dem Maßnahmenvollzug nur an den beschränkten Unterbringungsmöglichkeiten nach der Entlassung liegen? Es ist bekannt, dass z.B. der Verein WOBES in Wien, über ausreichende Ressourcen verfügt. Es liegt lediglich an den Verantwortlichen, Plätze zu organisieren.
  • Weshalb werden Entscheidungen in Richtung Freiheit von den Verantwortlichen in der Justizanstalt Graz-Karlau, und dem Landesgericht Graz, bewusst so lange wie möglich und unter Einsatz von juristischen Mitteln bis hin zur Androhung von Repressalien behindert?

Als betroffene Insassen der Justizanstalt Graz-Karlau, sehen wir uns mit einer absolut ausweglosen Situation konfrontiert und benötigen dringend Hilfe!

Wir hoffen auf Unterstützung und die Veröffentlichung der aufgezeigten Menschenrechtsverletzungen im Maßnahmenvollzug, damit auch wir endlich wieder eine Chance auf eine Lebensperspektive bekommen.

Verfasser: Otmar G., Günter S. und David R.                                            Graz, am 19.12.2023

9 Replies to “Offener Brief – Hilferuf von perspektivlos untergebrachten Insassen im Maßnahmenvollzug.”

  1. Das kann ja nicht sein das man Menschen nach ihrer Haftstrafe noch immer festhält auch wenn es positive Gutachten gibt. Schade um unser Steuergelder. Jeder Mensch soll nach seiner Haftstrafe wieder ein Recht haben ein normales Leben zu führen

  2. es ist absolut unfassbar. es scheint auch niemanden zu interessieren, wie oft und wiederholt österreich durch den menschenrechtsgerichtshof verurteilt wird. wenn man bedenkt, dass bei etwa 10000 häftlingen nur 5% weiblich sind, jedoch 15% in der maßnahmenunterbringung, sollte es einem eigentlich schon klingeln. es geht das recht vom volk aus, und ich habe mit sehr vielen gesprochen: „das“ will niemand, mit dem ich je gesprochen habe. das volk will das nicht.

    für die betroffenen menschen, weit über tausend, ist die situation absolut unerträglich bis fürchterlich. haft an und für sich ist ja manchmal vielleicht angemessen, wenn ich auch jede andere form der bestrafung bevorzuge. das schlimmste an der „unterbringung“ ist, dass man potentiell lebenslänglich einsitzt, teilweise für die absurdesten kleinigkeiten. das allerschlimmste an der situation ist, nicht zu wissen, was und wie einem geschieht. jeder mensch sollte sein entlassungsdatum, ggf. die bedingungen, kennen. ihr könnt euch gar nicht vorstellen, dass selbst die allerschlimmste klarheit besser erträglich ist, wie diese ungewissheit!

    wie solche menschen – und ich weiß zu gut, wovon ich spreche – be- oder sagen wir es ruhig gerade heraus: -misshandelt werden, geschieht nicht in meinem namen, und lehne ich dies auf das allerschärfste ab! teilweise gibt es monatelang keine therapie, häftlinge werden verbal, sexuell und in jeder sonstig denkbaren weise missbraucht. da sind „leute“ am werk, die schon mit übergriffsskandalen verurteilt wurden, und dürfen einfach weiterwursteln. die gerichte, denen ja die gefangenenhäuser unterstehen, fühlen sich – wie jeder einzelne beteiligte, vom einfachsten ja-beamten bis hinauf zu den goldfasanen – absolut unzuständig. da tut jeder „einfach nur seine arbeit“, ohne auch nur das geringste gefühl der vollschuld – mit besonderer qualifikation des handelns in der gruppe – zu empfinden.

    die maßnahme gehört an und für sich aufgehoben, und wenn überhaupt, nur in absoluten ausnahmefällen ausgesprochen. dass man die entlassung begründen muss, und nicht etwa die weitere unterbringung, ist eine unzumutbarkeit nur am rande. jährliche solche begutachtungen dauern in der regel oft bis zu wenigen minuten.

    häftlinge sind menschen. schutzbefohlene menschen. behandelt häftlinge bitte menschlich! soviel in meinem namen!

  3. Es ist unglaublich, dass man TROTZ positivem Gutachten noch immer inhaftiert ist. Es klingt da alles nach reiner Willkür. Es gibt Gesetze, und die gelten auch für jene Personen, die befugt sind, darüber zu entscheiden, ob bzw wann jemand frei kommt. Es hat den Anschein, als ob das alles mit Absicht geschieht, nur, um jemand mürbe zu machen. Jemand, der in der JVA halt brav arbeitet wie David, ist anscheinend gut zum gebrauchen drinnen. So wie wir ihn kennen, ist er sehr hilfsbereit, genau und äußerst gewissenhaft. Irgendwann ist es genug! Das gehört genau unter die Lupe genommen.

  4. Für mich scheint das Ganze, reine Willkür zu sein. Anscheinend gelten die Gesetze nicht für alle in Österreich. Unseren Rechtsstaat versteht man da nicht mehr. Ohne Begründung jemanden festzuhalten, ist inakzeptabel. Und noch dazu, haben die Insassen null Perspektive, weil sie nicht wissen, wann sie rauskommen. Das Ganze stinkt zum Himmel!

  5. Mit den Insassen wird Geschäft gemacht. Sehr praktisch, weil sie wehrlos sind. So läuft und funktioniert das System.

    Als Ratschlag an die Häftlinge: Einfach einmal NICHTS MEHR UNTERSCHREIBEN!!!
    (Außer den Entlassngsbescheid vielleicht!) Mit eurer Unterschrift sagt ihr nämlich „Ja“ zu allem.
    Erst probieren, dann kritisieren. Nur Mut,was habt ihr zu verlieren?

    Alles Liebe

  6. Der Maßnahmenvollzug sollte mal unter Lupe genommen werden. Das System funktioniert nicht mehr richtig.
    Wieso werden sie nicht freigelassen bei positiven Gutachten. Wie sollen die Insassen je wieder eine Perspektive haben wenn sie nicht gehört werden.

  7. Dieser offene Brief wirft ein grelles Licht auf die gravierenden Missstände und die potenziellen Menschenrechtsverletzungen im Maßnahmenvollzug der Justizanstalt Graz-Karlau. Es ist wirklich erschütternd zu lesen, wie grundlegende Rechte verletzt und die Perspektiven der Insassen systematisch untergraben werden. Gerade die Intransparenz und Willkür bei Entscheidungen über die Freiheit der Insassen sind besonders besorgniserregend. Der offene Brief stellt mir persönlich eine Menge an Fragen, welche man gerne Verantwortliche stellen würde.
    Die Tatsache, dass die Insassen trotz Risiken den Mut aufbringen, ihre Stimmen zu erheben, verdient Respekt und Unterstützung.
    Durch die Veröffentlichung solcher Missstände sehe ich die Möglichkeit, dass wichtige Schritte in die richtige Richtung eingeleitet werden könnten. Es muss sich etwas ändern und es muss jemand dafür verantwortlich gemacht werden, um den Insassen die Hoffnung auf eine bessere Zukunft zu ermöglichen.

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