VertretungsNetz begrüßt Regierungspläne, wonach die Patientenanwaltschaft Inhaftierte künftig vertreten könnte.

Das „Europäische Komitee zur Verhütung von Folter und unmenschlicher oder erniedrigender Behandlung oder Strafe“ (CPT), eine Institution des Europarats, hat Gefängnisse und psychiatrische Krankenhausstationen in Österreich überprüft. Nun liegt der Bericht über die Erkenntnisse und die Stellungnahme der Bundesregierung dazu vor. Kontrolliert wurden auch Maßnahmenvollzugs-Einrichtungen wie die Justizanstalten Göllersdorf und Stein sowie das forensische Zentrum in Mauer.

Extrem besorgt zeigten sich die Menschenrechts-ExpertInnen über den Personalmangel in den Einrichtungen. So waren in der Justizanstalt Stein nur zwei PsychiaterInnen insgesamt 18 Stunden pro Woche im Einsatz – für mehr als 800 Inhaftierte, viele davon psychisch schwer erkrankt. Auch Personal für die Justizwache fehlt. Dadurch kommt es an manchen Abteilungen zu übermäßig langen Einschlusszeiten, Nacht-Schließungen beginnen teilweise schon mittags. Viele psychisch Erkrankte in Göllersdorf und Stein gelangen nur eine Stunde am Tag an die frische Luft.

Zudem werden immer mehr untergebrachte Menschen im Maßnahmenvollzug älter und damit pflegebedürftig – ein großes Problem, weil es in den Hafteinrichtungen kaum Pflegepersonal gibt. Ein Transfer zu spezialisierten Pflegeplätzen ist selten möglich – es gibt sie schlicht kaum.

Das CPT kritisiert auch, dass einigen PatientInnen negative Konsequenzen angedroht wurden, sollten sie eine medizinische Behandlung ablehnen. Das deckt sich mit den Erfahrungen von VertretungsNetz: „Personen, für die wir als gerichtliche ErwachsenenvertreterInnen bestellt sind, berichten uns, dass ihnen klar zu verstehen gegeben wird: Falls sie einer Behandlung nicht zustimmen, dann haben sie keine Aussicht auf Lockerungen im Vollzug und bleiben lebenslang untergebracht. Auf diese Weise zwingt man sie z.B. zu Depotspritzen“, weiß Martin Marlovits, stv. Fachbereichsleiter Erwachsenenvertretung. Auch eine Aufklärung der PatientInnen in Bezug auf geplante Behandlungen findet oft nur unzureichend statt.

Unterbringungsgesetz gilt nicht im Maßnahmenvollzug

Wird jemand gegen seinen Willen in einer psychiatrischen Abteilung im Krankenhaus untergebracht, dann wird der betroffenen Person eine PatientenanwältIn zur Seite gestellt.

Bislang gab es leider im Maßnahmenvollzug keine gesetzliche Grundlage für unsere Tätigkeit. Inhaftierte Personen mit psychischer Erkrankung haben also niemanden, der ihre PatientInnenrechte einfordert und sie gegenüber der Einrichtung vertritt, in der sie untergebracht sind. Maßnahmen wie Gurt-Fixierungen oder die Behandlung mit sedierenden Medikamenten finden damit ohne effektiven Rechtsschutz statt“, erklärt Bernhard Rappert, Fachbereichsleiter Patientenanwaltschaft bei VertretungsNetz.

Die Bundesregierung hat in ihrer Stellungnahme auf die CPT-Kritik nun in Aussicht gestellt, dass die Patientenanwaltschaft künftig psychisch erkrankte Menschen im Maßnahmenvollzug vertreten könnte. Die gesetzliche Grundlage dafür könnte im noch fehlenden 2. Teil der Maßnahmenvollzugsreform geschaffen werden. „Damit würde eine langjährige Forderung von uns umgesetzt und eine jahrzehntelang bestehende menschenrechtliche Lücke geschlossen“, zeigt sich Rappert erfreut. Noch ist allerdings offen, wann der wichtige Gesetzesentwurf vorgelegt wird.

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