19 % Steigerung im Vergleich zum Vorjahr; Zahlen aber weiterhin im zehnjährigen Trend rückläufiger Kriminalität

Verstärkt durch die Einschränkungen im Rahmen der Corona-Pandemie hatte sich der rückläufige Trend bei der Kriminalität auch im Jahr 2021 fortgesetzt. Zum zweiten Mal in Folge war die niedrigste Zahl an Gesamtanzeigen seit Beginn der elektronischen Datenerfassung im Jahr 2001 zu verzeichnen (410.957). Nach dem Ende der Maßnahmen zur Eindämmung der Pandemie ist dieser Wert mit 488.949 Anzeigen im Jahr 2022 wieder auf vorpandemischem Niveau angelangt, wie aus dem jüngsten Sicherheitsbericht des Innenressorts hervorgeht (III-1150 d.B.). Auch wenn dies einen Anstieg um 19 % im Vergleich zum Vorjahr bedeutet, wird darin ausgeführt, liegen die Zahlen weiterhin im zehnjährigen Trend der kontinuierlich rückläufigen Kriminalität. Die Aufklärungsquote konnte zum sechstem Mal in Folge über 50 % gehalten werden.

Neben der Gesamtkriminalität geht der Bericht unter anderem vertieft auf die Bereiche Asyl und Migration, Verkehrssicherheit sowie Extremismus und Terrorismus ein. Teil des Sicherheitsberichts ist auch der Tätigkeitsbericht der Strafjustiz

Anstieg in fast allen Deliktsbereichen

In fast allen Deliktsbereichen war 2022 eine Steigerung zu registrieren, wobei teilweise neue Höchstwerte erzielt wurden. So etwa im Bereich Cybercrime, wo mit 60.195 Delikten ein neuer Höchststand erreicht wurde. Cybercrime im engeren Sinne stieg im Vergleich zu 2021 um 44,5 % und der Internetbetrug um 23,1 %. In den vergangenen zehn Jahren konnte zudem eine Vervierfachung der Anzeigen im Bereich pornographische Darstellung Minderjähriger beobachtet werden.

Im Bereich der Gewaltkriminalität stieg die Zahl der Anzeigen 2022 auf 78.836, was eine Steigerung der Straftaten um 16,9 % bedeutet. Davon wurden 3.296 Gewaltdelikte unter Verwendung von Schuss-, Hieb- oder Stichwaffen begangen. Mit 2.393 Fällen machen Stichwaffen den größten Anteil der verwendeten Waffen aus.

2022 wurden 191 Morde angezeigt, wobei es in 133 Fällen beim Versuch blieb und in 58 Fällen Morde vollendet wurden. Dabei wurden 72 Menschen (39 Frauen und 33 Männer) getötet. Die Aufklärungsquote bei den vollendeten Morden lag bei 89,7 %. 81 % der Getöteten lebten laut Bericht in einer familiären Beziehung mit der Täterin bzw. dem Täter oder standen mit der bzw. dem Tatverdächtigen zumindest in einem Bekanntschaftsverhältnis.

Bei den Vergewaltigungen war 2022 ein Anstieg um 8,1 % auf 1.139 angezeigte Straftaten zu verzeichnen (964 davon vollendet). 860 Männer und zwölf Frauen wurden wegen vollendeter Vergewaltigung angezeigt. Bei den 972 Opfern handelte es sich um 925 Frauen und 47 Männer.

Die Zahl der Einbrüche in Wohnräume ist gegenüber 2021 um 29,1 % gestiegen. Die Aufklärungsquote betrug 17 % und ist im Vergleich zu 2021 um 0,5 Prozentpunkte gestiegen.

Die angezeigten Betrugsdelikte sind gegenüber 2021 um 17,6 % gestiegen. Da nunmehr fast alle Lebensbereiche von der Nutzung des Internets durchdrungen sind, gibt es eine Ausweitung der möglichen Angriffsziele und damit auch eine Steigerung der Anzeigen im Bereich des Internetbetruges, heißt es im Bericht.

2022 konnte auch ein leichter Anstieg der Anzeigen bei Verstößen gegen das Suchtmittelgesetz verzeichnet werden. Es wurden 34.928 Anzeigen erstattet, was einen Anstieg von 0,3 % bedeutet

Migration: Asylantragszahlen wieder um über 170 % gestiegen

Die von 2015 bis 2022 gestellten 345.478 Asylanträge wurden vom Bundesamt für Fremdenwesen und Asyl (BFA) zum überwiegenden Teil abgearbeitet, wie aus dem Bericht hervorgeht. Insbesondere im zweiten Halbjahr 2022 sind die Asylantragszahlen stark gestiegen (über 77.000), weshalb Ende des Jahres von 54.253 noch 47.820 Verfahren in erster Instanz anhängig waren. Nachdem die Anzahl an Asylanträgen im Jahr 2021 im Vergleich zum Vorjahr bereits um 170,3 % auf 39.930 anstieg, war im Vergleich dazu im Jahr 2022 eine weitere Steigerung um 172,4 % auf 108.781 Anträge zu verzeichnen.

Um den Herausforderungen globaler Migration gewachsen zu sein, müsse laut Innenressort der eingeschlagene Weg einer „konsequenten Migrationspolitik durch eine starke Vernetzung und Zusammenarbeit auf europäischer und internationaler Ebene“ fortgesetzt werden. Wie Innenminister Karner in seinem Vorwort zum Bericht erklärt, ist die Abschiebung von Menschen, die in Österreich kein Bleiberecht haben, ein zentraler Arbeitsschwerpunkt seines Ressorts.

Extremismus und Terrorismus

Bezüglich des islamistischen Extremismus führt der Sicherheitsbericht die online- und offline-Radikalisierung sowie „Foreign Terrorist Fighters“ (FTF) als feststehende Komponenten des Bedrohungsbildes an. Wie der Terroranschlag von 2. November 2020 in Wien gezeigt hat, ist das Mobilisierungspotenzial von zurückgekehrten oder an der Ausreise gehinderten FTF eine reale Gefahr, wird im Bericht erklärt. Zudem sind terroristische Anschläge nach (bedingten) Haftentlassungen aus internationaler Perspektive keine Einzelfälle, sondern in Europa bereits mehrfach passiert. Hingewiesen wird auch auf die verstärkte Radikalisierung und Mobilisierung über die sozialen Medien. Aktuell werden islamistisch-extremistische Glaubensinterpretationen in Österreich durch relativ junge Personen repräsentiert. Angehörige der „Generation Z“ (zwischen 1995 und 2010 geboren) treten verstärkt als Rezipienten bzw. aktive Mitgestalter extremistischer und terroristischer Online-Propaganda hervor.

Auch rechts- und linksextremistische Aktivitäten stellen laut Bericht nach wie vor eine Gefährdung für die Demokratie und Aufrechterhaltung der öffentlichen Sicherheit dar. Da die Bewegung der Corona-Maßnahmengegner:innen an Mobilisierungspotenzial eingebüßt hat, verlagerten sich die Schwerpunkte der rechten Szene auf Themenbereiche wie Inflation, Sanktionen gegen Russland oder Migration. Die Lage im Bereich des Linksextremismus wird im Vergleich zu den vergangen Jahren als „konstant“ beschrieben. Die polarisierenden und medienwirksamen Aktionen militanter Klimaschützer:innen fanden in der linksextremen Szene Zuspruch, personelle Überschneidungen beider Gruppen lassen sich jedoch nicht belastbar nachweisen.

2022 wurden 928 „rechtsextremistische, fremdenfeindliche/rassistische, islamfeindliche, antisemitische sowie unspezifische oder sonstige Tathandlungen“ bekannt, bei denen einschlägige Delikte angezeigt wurden (2021: 1.053). 59,7 % von diesen konnten aufgeklärt werden. Von 96 Tathandlungen mit linksextremen Tatmotiven (2021: 119) konnten 8,3 % aufgeklärt werden.

Verkehrssicherheit

Im zehnjährigen Vergleich ging die Zahl der Verkehrstoten um 18,7 % von 455 (2013) auf 370 (2022) zurück. Es gab um mit 34.869 um 9,4 % weniger Verkehrsunfälle mit Personenschaden (2013: 38.502) und um 10 % weniger Verletzte. Nach den Corona-bedingten Lockdowns und dem Rückgang des Verkehrsaufkommens in den Jahren 2020 und 2021 kam es im Jahr 2022 sowohl bei der Unfallentwicklung als auch bei der Verkehrsüberwachung wieder zu Anstiegen.

Hauptursachen für Verkehrsunfälle sind laut Sicherheitsbericht Unachtsamkeit, nicht angepasste Geschwindigkeit, Vorrangverletzungen, Überholen und „Fahren in einem nicht der Verkehrstüchtigkeit entsprechenden Zustand“. Insbesondere bei der jüngeren Generation ist ein verstärkter Trend zum Lenken unter Drogeneinfluss festzustellen.

Tätigkeitsbericht der Strafjustiz

Laut Bericht über die Tätigkeiten der Strafjustiz ist der Anfall an neuen Anzeigen 2022 gegenüber dem Vorjahr um 42.365 Fälle bzw. 16,6 % auf insgesamt 298.086 Fälle gestiegen. In Strafsachen gegen bekannte Personen war ein Anstieg des Neuanfalls um 13,4 % (17.234 Fälle) gegenüber 2021 zu verzeichnen, bei Anzeigen gegen unbekannte Täter:innen eine Steigerung von 19,8 % (25.131 Fälle). Insgesamt wurden im Jahr 2022 297.531 Fälle erledigt, davon 145.599 Strafsachen gegen bekannte und 151.932 Fälle gegen unbekannte Täter:innen. Die Erledigungsquote der Staatsanwaltschaften in Verfahren, in welchen die Bezirksgerichte zuständig sind, beträgt im Jahr 2022 99,8 %. Die Anzahl der am Ende des Berichtszeitraums 2022 noch offen gebliebenen Fälle beträgt 9.156 und ist somit gegenüber dem Vorjahr um 555 Fälle (6,1 %) gesunken.

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