Mit einem wiederaufgenommenen Antrag brachte die FPÖ die Debatte über die Senkung der Strafmündigkeit auf 12 Jahre neuerlich auf die Tagesordnung. Er wolle nicht, dass Zwölfjährige im Gefängnis sitzen, doch man müsse reagieren können, da es sehr wohl vorkomme, dass Unter-14-Jährige „unglaublich brutale Straftaten“ begehen, sagte Harald Stefan (FPÖ). Er verwies auf die Schweiz, da dort Kinder bereits ab zehn Jahren strafrechtlich zur Verantwortung gezogen werden können.

Es müsse auf das, was kürzlich durch junge Täter passiert ist, „relativ schnell“ eine klare Antwort gegeben werden, sagte Klaus Fürlinger (ÖVP). So etwas könne nicht folgenlos bleiben und das System müsse „neu gedacht“ werden. Alle seien sich darüber einig, dass ein Problem bestehe und es werde sich darum gekümmert, so Fürlinger, der den Vertagungsantrag stellte. Bewusstsein müsse auch in den Schulen und Elternhäusern geschaffen werden und man müsse überlegen, wo die Haftung der Eltern in diesem Bereich liege, sagte Michaela Steinacker (ÖVP).

Die Frage sei, wie man mit straffälligen Kindern umgehe, eine zuständige Stelle dafür gebe es bereits, nämlich die Kinder- und Jugendhilfe in den Ländern, betonte Agnes Sirkka Prammer (Grüne). Es könne darüber diskutiert werden, diese Kompetenz an den Bund zu übertragen. Die Kinder- und Jugendhilfe in den Ländern sei komplett unterfinanziert und dies sei das eigentliche Problem.

Er bezweifle, dass die Herabsetzung der Strafmündigkeit Wirkung zeigen würde, dies sei kein „Allheilmittel„. Jedoch könne das, was passiert ist, nicht sanktionslos bleiben. Daher müsse über andere Maßnahmen nachdacht werden, sagte Nikolaus Scherak (NEOS). Es brauche Prävention und klare Sanktionen, die „Eindruck machen„. Die „Verländerung“ der Kinder- und Jugendhilfe sei kein „smarter Schritt“ gewesen.

Es müsse Konsequenzen geben, doch man dürfe sich „nicht hinter dem Strafrecht verstecken„, sagte Selma Yildirim (SPÖ). Auch sie bezweifle, dass die Senkung der Strafmündigkeit dazu führen würde, künftige Verbrechen zu verhindern. Es gebe Schutzkonzepte, die jedoch nicht greifen. Die Gewaltspirale müsse durchbrochen und Verhaltensänderungen bewirkt werden, so Yildirim.

Der Bundeskanzler werde keine Freude über diese Vertagung haben, da dieser ja Überlegungen zur Senkung der Strafmündigkeit angeregt habe, meinte Christian Lausch (FPÖ). Doch wolle man offensichtlich dieses Thema vor der Wahl nicht mehr angehen, die Bevölkerung hätte sich dies aber verdient, so Lausch.

Justizministerin Alma Zadić bedankte sich bei den Abgeordneten für die aus ihrer Sicht konstruktive Debatte zu diesem Thema. Im weltweiten Ländervergleich würde sich Österreich bei der Herabsetzung der Strafmündigkeit in „keine gute Gesellschaft“ begeben und auch in der Schweiz sei eine Bestrafung erst mit dem 15. Lebensjahr möglich. Man müsse bei der Debatte über das Modell in der Schweiz genauer hinblicken und sich mit den rechtlichen Regelungen auseinandersetzen. Zadić verwies darauf, dass in Österreich die Kinder- und Jugendhilfe im Jahr 2020 „verländert“ wurde und diese sehr wohl die Möglichkeit habe, Maßnahmen zu setzen, jedoch oft zugewartete werde, bis Jugendliche 14 Jahre alt sind und der Strafjustiz übergeben werden können. Wenn ein Jugendlicher in Österreich ins Gefängnis müsse, hätte er „schon echt etwas verbrochen„, es sei zu spät erst hier anzusetzen, so die Justizministerin. Weiters wies sie darauf hin, dass Paragraf 199 im Strafgesetzbuch die Eltern in die Pflicht nehme.

Alternativen zur Haft von Jugendlichen

Für Alternativen zur Haft bei jungen Menschen setzt sich die SPÖ mit einem wiederaufgenommenen Antrag ein, der erneut vertagt wurde. Gefordert wird eine Rücknahme der im Gewaltschutzgesetz 2019 enthaltenen Verschärfungen für junge Erwachsene sowie die Schaffung von zusätzlichen Jugendkompetenzzentren, deren Schwerpunkte in den Bereichen Lernen und Entwicklung mit konstanten Bezugspersonen liegen sollen. In Österreich gebe es eine „auffallend hohe Zahl inhaftierter junger Erwachsener„, sagte Selma Yildirim (SPÖ), doch eine längere Haft bringe keine Verhaltensänderungen, daher brauche es andere Lösungen.

Man müsse sich der Situation junger Menschen in Haft intensiv widmen. Durch das Gewaltschutzgesetz 2019 sei „eine Lücke entstanden„, es sei ein Bestreben, dies zu verbessern, sagte Agnes Sirkka Prammer (Grüne) und stellte den Vertagungsantrag. Die generalpräventive Wirkung des Strafrechts sei eines der Grundsätze des Strafrechts und er empfinde es als befremdlich, wenn dieses in Frage gestellt werde, sagte Christian Stocker (ÖVP).

Selbstverständlich brauche es Strafen, meinte Selma Yildirim (SPÖ), es gehe jedoch auch darum, die Rückfallquote zu minimieren. Für die Generalprävention nach außen hätte dieser Vorschlag eine verheerende Wirkung, sagte Christian Lausch (FPÖ). Über eine elektronische Fußfessel könnte man diskutieren.

One Reply to “Debatte im Justizausschuss über Senkung der Strafmündigkeit auf das Alter von 12 Jahren”

  1. Härtere Strafen, Altersgrenze herabsetzen für Jugendliche⁉️ Natürlich nicht, denn es wäre ein Armutszeugnis‼️

    Die wenigsten Jugendlichen entscheiden sich einfach dafür, kriminell zu sein‼️

    Alle wissen, Haftanstallten, Heime und der gleichen, sind eigendlich Orte wo erst recht die Kaderschmiede ist, um aus allein gelassenen Jugendlichen Schwerkrimminelle zu machen.

    Wenn uns im 21. Jhd. nichts besseres einfällt als Strafe, und eine solche je nach Anlassfall immer wieder neu zu bemessen, ein höher und härter zu fordern, dann ist diese Gesellschaft einfach hoffnungslos lernresistent.

    Ein besserer Weg ist: Kinder und eben vorallem Jugendliche nicht alleine in ihrer Entwicklung zu lassen, ihnen Türen aufzumachen, nicht vor und hinter ihnen zu versperren. Sie zu begleiten auf Augenhöhe, ist das Rezept der Zukunft.
    Dazu braucht es auch, echte Praktiker, solche die Jugendliche in ihren Nöten aber auch in ihrer Sprache abholen können‼️

    Niemand spricht mit einem der zwar akademische Bildung vorweisen kann, dafür jedoch so gut wie Null Ahnung von der wahren Lebensrealität eines Jugendlichen mitbringt, egal aus welchem Kulturkreis auch immer, und dieser ist sehr wohl relevant, will man Jugendliche fördern und nicht einfach kriminalisieren.

    Es sind mangelndes Rechtsverständnis und Kenntnis, eine oberflächliche Gesellschaft, falsches Leistungsverständnis, Orientierungslosigkeit, ungleiche Chancenverteilung, überforderte Eltern oder Elternteile, Perspektivenlosigkeit, Langeweile, und noch viele andere Faktoren vornähmlich dafür verantwortlich wenn unsere Jugendlichen eine kriminelle Karriere einschlagen‼️

    Lassen wir endlich Praktiker mit unseren Jugendlichen arbeiten, vielleicht auch solche die selbst eine wahre Hafterfahrung aufweisen, eine kriminelle Biographie sozusagen ist glaubhaft.

    Akademiker*innen sind hierbei ebenso falsch am Platz wie die Regierung, sie alle haben schon genug analysiert, Studien verfasst, Erkenntnisse erarbeitet, Vorschläge zur Verbesserung der Siituation eingebracht.

    Jetzt aber rasch an die praktische Arbeit‼️
    Im übrigen kann jede und jeder von uns seinen Beitrag leisten, und mit Jugendliche ins Gespräch zu kommen.

    „Kinder werden das, was unsere Gesellschaft aus ihnen macht‼️“ (KCW,2024)

    Danke für’s lesen.

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